seit 1994

"Die Wirksamkeit erlebnispädagogischer Maßnahmen auf Jugendliche, die unter erschwerten Bedingungen leben"

Die Wirksamkeit erlebnispädagogischer Maßnahmen auf Jugendliche, die  unter  erschwerten  Bedingungen  leben

 

Peter Alberter

 

1.       Einleitung

 

2.0.    Theoretischer Teil
2.1.    Das Selbstwertgefühl spielt die tragende Rolle im Leben
2.2.    Ganzheitliche Erlebnisse haben einen wesentlichen Einfluß auf das Selbstwertgefühl 

und :  Was bedeutet für mich der Terminus: "Erlebnis"
2.3.    Ein Blick auf die Jugend/Gesellschaft von heute
oder:  In der heutigen Konsum- und Profitgesellschaft ist es schwierig, ein ausgeprägtes Selbstwertgefühl zu entwickeln
2.4.    Differenzierung der erlebnispädagogischen Methoden und ihre  Wirkungsmöglichkeiten
            - Kajak und Kanu
            - Die Höhle
            - Das Segeln
            - Klettern und Abseilen

 

3.0.    Differenzierte Betrachtung von häufig auftretenden Verhaltensauffälligkeiten in der stationären Erziehungshilfe
3.1.    Vernachlässigte Kinder und Jugendliche
3.2.    Kinder und Jugendliche mit neurotischen Auffälligkeiten
3.3.    Kinder und Jugendliche mit einer leichten frühkindlichen Hirnschädigung
3.4.    Kinder und Jugendliche mit einem dissozialen Erscheinungsbild

 

4.0.    Umsetzung der Theorie in die Praxis - am Beispiel des Kinderzentrums St. Vincent
4.1.    Ziele der erlebnispädagogischen Projekte
4.2.    Methodische Prinzipien
4.3.    Beschreibung der bereits durchgeführten Projekte

 

5.0.    Die notwendigen Qualifikationen, Persönlichkeitsmerkmale und die pädagogische Haltung des Erlebnispädagogen

 

6.0. Der Einfluß der Persönlichkeit des Erlebnispädagogen auf die Sicherheit am Beispiel eines erlebnispädagogischen Projektes auf dem Segelschiff

 

7.0. Schluß

 

8.0. Literaturverzeichnis:

 

 


1. Einleitung

 

Erlebnispädagogische Projekte können bei sehr schwierigen Kindern und Jugendlichen, bei denen die stationäre Erziehungshilfe oftmals keinen Ansatz zur Veränderung mehr findet, neue Entwicklungen in Gang setzen. Durch diese Veränderungen werden zentrale Bereiche der Persönlichkeit, wie das Selbstkonzept, das Selbstwertgefühl und das Sozialverhalten  betroffen. Die erlebnispädagogischen Projekte des Kinderzentrums St. Vincent bieten den Jugendlichen und Erziehern, Erlebnis, Action, Grenzerfahrungen, Gemeinschaft, Abenteuer, Lust und gute Laune. Die Erlebnisprojekte beziehen aber auch bewußt und zielgerichtet pädagogischen Wirkungen mit ein. Dies geschieht durch die vorherige Planung, die klaren Formulierungen und Kontrollen der pädagogischen Ziele. Die neuen Herausforderungen der einzelnen Maßnahmen sind in einen strukturierten Rahmen eingebettet. Sie vermitteln den Jugendlichen Sicherheit (1) und erlauben es ihnen, sich jeweils offen und genießerisch mit den "Abenteuern" auseinander zu setzten. An die Teilnehmer werden "handfeste", lustvolle und herausfordernde Anforderungen gestellt, die sie meist jedoch noch nicht mit einem Versagenserlebnis in Verbindung bringen. Das Gesamtkonzept der erlebnispädagogischen Projekte ist so konzipiert, daß sich nicht unbedingt die Herausforderungen von Projekt zu Projekt steigern, sondern eher die Anforderungen an die Eigen- und Gruppenverantwortlichkeit, die an den Jugendlichen gestellt werden sich steigert. Der Jugendliche erhält Raum und Zeit, in einem geschützten Erlebnis- und Erfahrungsraum, sich selbst zu erleben, und sich selbst etwas zu er-leben (im Sinn von, sich etwas erarbeiten, als deutliches Gegengewicht von Konsumieren). Er kann elementare und archaische Lebenserfahrungen machen, die ihm in seiner Kindheit vorenthalten wurden, und  einen direkten Zusammenhang von Handlung und Wirkung, Selbstbestimmung und Abhängigkeit erkennen. (2) Im „Hier und Jetzt" vor Ort, nach Kompetenz- und Grenzerfahrungen, erhalten die Teilnehmer die Möglichkeit und den Anreiz dazu, ihre Erfahrungen zu reflektieren und aufzuarbeiten. Erfolgserlebnisse, die Anerkennung und Achtung durch die Gruppe, das Gefühl, als Mensch gebraucht zu werden, seine eigene Lebendigkeit und Handlungsmöglichkeit zu spüren, können letztendlich zur gewünschten Steigerung des Selbstwertgefühls. Gerade hier haben die Jugendlichen in der stationären Erziehungshilfe, die unter erschwerten Bedingungen aufgewachsen sind und jetzt noch leben, großen Nachholbedarf.

 

 

2.0. Theoretischer Teil

 

2. 1. Das Selbstwertgefühl spielt die tragende Rolle im Leben

 

Man muß nicht unbedingt Psychologe, Psychiater oder Pädagoge sein, um zu erkennen, daß ein gesundes Selbstbewußtsein und Selbstwertgefühl für die Persönlichkeitsentwicklung und Persönlichkeit von großer Bedeutung für den Menschen ist.
Ich bin der Meinung, daß ein starkes Selbstwertgefühl das tragende Element persönlicher Stabilität ist und die zentrale Rolle in unserem Leben einnimmt. Es beeinflußt immens, ob ein Mensch im Leben glücklich und zufrieden ist. Virginia SATIR (1993, 39) schrieb dazu: " ... in all den alltäglichen Erfahrungen meines beruflichen und privaten Lebens gelangte ich zu der Überzeugung, daß der entsprechende Faktor für das, was sich in einem Menschen abspielt, die Vorstellung von dem eigenen Wert ist, die jeder mit sich herumträgt, also sein Pott. (unter Pott versteht Satir immer Selbstwert oder Selbstachtung). Integrität, Ehrlichkeit, Verantwortlichkeit, Leidenschaft, Liebe alles strömt frei aus dem Menschen, dessen Pott voll ist. Er weiß, daß er etwas bedeutet und daß die Welt ein kleines Stückchen reicher ist, weil er da ist."

 

Um Beziehungen eingehen zu können, um kreativ zu sein, um eigenverantwortlich handeln zu können und um sich positiv zu entwickeln, ist das Selbstwertgefühl von größter Bedeutung. In diesem Sinn hat ein Mangel an Selbstwert einen ähnlich großen pathogenen Charakter wie Menschen mit einer körperlichen, seelischen und geistigen Behinderung. "Es gibt Menschen, die haben es, und es gibt solche, die haben es nicht. Die es haben, geben uns mit einem festen Händedruck die Hand und schauen uns geradewegs in die Augen. Diese Menschen scheinen ein Abonnement auf die guten Plätze des Lebens zu haben. Sie sagen, was sie denken, und sie bekommen, was sie wollen - zumindest sehr oft. Die, die es nicht haben, sind die ewigen Zweiten, die Zuhörer und Statisten. Sie verlassen ein Geschäft mit Kleidern, die sie nicht wollten, weil die Verkäuferin sich so viel Mühe gegeben hat." (Merkle, 1991, 7)


Das Selbstwertgefühl bestimmt sich vor allem aus der Nähe von realem Selbst und Selbstideal. Wenn die "Ich-bin-Sätze" der Person annähernd übereinstimmen mit den "So-möchte-ich-sein-Sätzen" wird ein hoher Selbstwert möglich, wenn eine große Kluft zwischen den beiden Satzgruppen besteht, kann nur ein geringes Selbstwertgefühl ausgebildet werden.


Ein selbstbewußter Mensch, kann meines Erachtens sein Leben in die eigene Hand nehmen, selbstständig handeln, sowie für andere Verantwortung übernehmen. Er kann sich selber reflektieren und ist in der Lage, verschiedene seelische Empfindungen und Gefühle an der eigenen Person wahrzunehmen, zuzulassen und damit umzugehen. An "Wachstum" ist er ebenso interessiert, wie an einer konstruktiven und kreativen Veränderung im Beruf und im Leben. Mit großer Begeisterung stellt er sich neuen Herausforderungen und es reizt ihn, diese zu bewältigen. Kritik an seiner Person wirft ihn nicht aus der Bahn, sondern er nutzt sie als Chance und beginnt aktiv sich damit auseinander zu setzen. Auch in der Beziehung zu anderen Menschen zeigt sich, daß diejenigen, die über ein hohes Selbstwertgefühl verfügen, im allgemeinen unbeschwerte und intensive Freundschaften eingehen können. Sie wirken auf andere geradezu anziehend, mit ihnen verkehrt man gern.
Ganz anders verhält man sich nun Menschen gegenüber, die über ein niedriges Selbstwertgefühl verfügen, hier muß man ständig auf der Hut sein, nichts Falsches zu sagen, sie nicht zu kränken. Aus dieser Haltung heraus begegnet man diesen Personen sehr vorsichtig und zurückhaltend. Einen selbstbewußten Menschen von anderen, weniger selbstbewußten Menschen zu unterschieden, ist meines Erachtens auf Anhieb leichter als festzustellen, ob er über viel oder wenig Geld verfügt. Neben der Körperhaltung, der Körpersprache, der verbalen Sprache, Mimik und Gestik, geben vor allem die Augen Aufschluß darüber.  Verfügt ein Mensch über viel Selbstwertgefühl, dann zeigen dies die Augen deutlich durch ihre lebendige und offene Ausstrahlung.

 

 

2.2. Ganzheitliche Erlebnisse haben einen wesentlichen Einfluß auf das Selbstwertgefühl.


oder:  Was bedeutet für mich der Terminus: "Erlebnis"

 

Prägende und nicht selten unwiederbringliche Erlebnisse sowie die Qualität derer - nicht die Quantität, wie viele denken - sind für das menschliche Dasein außerordentlich wichtig und haben einen wesentlichen Einfluß auf das Selbstwertgefühl. Sich-selbst intensiv und im Dialog mit anderen Mitmenschen, mit allen Sinnen erleben und entdecken, hat meines Erachtens einen unschätzbaren Wert. Gerade der Terminus "erleben" deutet für mich schon darauf hin, sich aktiv mit etwas auseinander zu setzen. Ich er-lebe etwas; ähnlich dem ich erarbeite, erkaufe und erwirtschafte mir etwas. Immer bin ich aktiv daran beteiligt. So ist es für mich ein großes Bedürfnis, mein menschliches Dasein zu erleben, und meine Umwelt mit allen Sinnen zu erfassen, um nicht immer nur aus einer sicheren Distanz heraus, aus "zweiter Hand" zu konsumieren.

 

So ist ein Erlebnis für mich eine Wahrnehmung, die mich völlig erfaßt, die ich mir persönlich und aktiv erlebt bzw. erarbeitet habe. Gerade was die Wahrnehmung über ein Erlebnis betrifft, so ist es doch erstaunlich, wie einprägsam, fast unauslöschbar verschiedene einzelne Erlebnisse sein können. Sie können bereits Jahre zurückliegen, aber immer bin ich in der Lage, mich detailgetreu zu erinnern.  Die Erlebnisse, die ich übrigens sehr gerne erzähle, haben alle gemeinsam, das ich sie aktiv und mit einer Kombination von mehreren Sinnen er-lebt, bzw. mühsam erarbeitet habe. Nie waren meine Sinne nur auf zwei Komponente, z.B. auf einen audiovisuellen Reiz reduziert.

 

Heinrich Harrer, dem 1938 als erstem die Begehung der Eiger-Nordwand glückte, schrieb zwanzig Jahre später: "..., nach der Rückkehr empfanden wir das Leben dürfen bewußter. Und dieses bewußte Empfinden hat mich seit der Besteigung der großen Nordwand nie mehr verlassen. Vielleicht gab mir die Erinnerung an die Eigerwand oft die Kraft, die Geduld und das Vertrauen, aussichtslos schindende und gefährliche Situationen zu bestehen, an das Leben zu glauben, wenn auch alle äußeren Umstände lebensfeindlich schienen". (1993, 16)

 

Zu einem "richtigen" Erlebnis gehört eben diese Form des intensiven "Selbsterlebens", seine eigene Kraft und eigenen Grenzen entdecken. Es geht auch um das Glücksgefühl des persönlichen Erfolges, die Beeindruckbarkeit durch Naturerlebnisse und um das Gefühl, Leben zu dürfen. "Diese Grunderfahrungen sind wichtig für das Selbstbewußtsein, mit dem man wieder in den Alltag geht, für das Selbstvertrauen und Sich-selber-Trauen, für die Zuversicht, mit der man an neue Aufgaben und fremde Aufträge herangeht, für die Selbstsicherheit, weil man sich seiner selbst wieder mehr sicher ist und sich selbst neu erfahren hat." (Behn u. Heitmann, 1994, 33)

 

 

2.3. Ein Blick auf die Jugend/Gesellschaft von heute

oder: In der heutigen Konsum- und Profitgesellschaft ist es schwierig, ein ausgeprägtes Selbstwertgefühl zu entwickeln

 

Unumstritten beschäftigt sich "unsere Gesellschaft" in ihrer Freizeit mehr den je mit "Fern" - Sehen (im wahrsten Sinne des Wortes), Computer und Video. Wie in einer Radiosendung (B 5 aktuell, 03.03.94, 7h25 MEZ) zu hören war, hält der Trend zum Zweit-  bis Drittfernseher unvermindert an. Es befinden sich mittlerweile durchschnittlich 1,7 Fernseher pro Haushalt in der Bundesrepublik Deutschland. Damit die Kinder über einen längeren Zeitraum beschäftigt sind, wird nicht selten der Fernseher als "pädagogisches" Hilfsmittel eingesetzt, oder, wenn "Papi" nach der Arbeit mal richtig entspannen oder abschalten möchte ist der Schritt zum Einschalten recht nah. (3)

 

Die Erlebnisse, die der Zuschauer hier "erfährt", sind nicht von ihm initiiert, er kann nicht aktiv eingreifen, sondern sie werden von anderen erlebt. Aus einer sicheren Distanz heraus erfährt er die Welt, die Träume, das Inszenierte, die Ideen und die Wirklichkeit von jemanden anderen, sozusagen aus zweiter Hand. Reinhold Messner durchquerte zu Fuß den Südpol - das Fernsehen war dabei. Mit dem „Traumschiff“ in die Karibik - Millionen von Zuschauern verfolgten gebahnt, vom Wohnzimmersessel aus Sendung für Sendung: Es gibt nichts auf der Welt, kein Abenteuer oder Tabu, das die Mediengesellschaften nicht schon ausgemerzt, vorerlebt, leicht verdaulich aufbereitet und erforscht haben.

 

Ohne mit dem Zuhörenden in Dialog zu treten wird dieser durch  ununterbrochenes Senden von Licht- und Geräuschreizen gewissermaßen gezwungen, oder regelrecht dazu vergewaltigt, seine zwei konditionierten Sinne auf das "manipulierende" Gerät Fernseher zu richten. Das Erlebte reduziert sich auf Erfahrungen, wie: "Kenn ich schon", "Habe schon davon gehört, bzw. im Fernseher gesehen".

 

Das menschliche Dasein, wird isoliert erlebt, gesehen und gehört, nicht aber gespürt, geschmeckt und berührt. Um rationales Handeln, Reiz-Reaktions-Lernen zu steigern  (Akkordarbeit, Autofahren, ...) und ökonomisch zu gestalten, ist es zwingend, seine audiovisuellen Sinne auf das Wesentliche zu konzentrieren, und anderweitige Sinneswahrnehmungen zu verdrängen bzw. sich von ihnen nicht ablenken zu lassen. Die restlichen Sinne verschwinden langsam von der "Bildfläche", bzw. die Nahrungsmittelindustrie gibt den retardierten Geschmacksknospen mit ihrem Konservierungs- und Syntetikwahn den Rest.

 

Der "moderne" Mensch wird nicht nur im ganzheitlichem Erfassen seiner Umwelt eingeschränkt, sondern die Spiel-, Liebes-, Romantik-, Actions-, Werbe-, Porno- und Abenteuerfilme konfrontieren ihn mit Idealfiguren, die er meistens schon im Ansatz nicht erreichen kann. Für das persönliche Selbstbewußtsein, ist es aber von großer Bedeutung nicht immer nur zu wissen, was andere für tolle Dinge können, sondern vor allem die eigenen, ganz persönlichen Fertigkeiten zu wissen und zu schätzen. "Ein gesundes Ich und ein starkes Selbstwertgefühl entwickelt sich aber nur dann, wenn ich auch in ausreichendem Maße "Ich - kann - Erfahrungen" gemacht habe. Wobei mir meine Mitmenschen dabei als unverzichtbare Orientierungspunkte dienen, weil ich nur dadurch, daß ich mich mit ihnen vergleiche und an ihnen messe, mich selbst erfahren, einschätzen und vergewissern kann. Wie niederschmetternd, ernüchternd und Minderwertigkeitsgefühle erweckend sich dieses In - Beziehung - Setzen mit all den tollen, idealisierten und oft völlig überzogenen Figuren des Medienspektakels ausfällt, ist leicht vorstellbar." (Lang, 1992, S. 17)

 

Gleichzeitig beeinflussen mächtige Trends unser Leben, die in einem immer rascher werdenden Wandel unser Dasein prägen, erneuern und verändern. Rund um die Uhr werden wir mit Plakaten, Werbesendungen im Radio und Fernsehen konfrontiert, die uns suggerieren, was wir zu tun oder zu lassen haben. (Erich Fromm: Haben oder Sein) Das Problem „Kaufsucht“ ist eine ernstzunehmende Schwierigkeit geworden, welches Betroffene ähnlich schildern wie die Spiel- und Arbeitssucht. Ähnlich wie das Denken eines Abhängigen, dreht es sich hier um "Haben, Haben, Kaufen, Kaufen ... Konsumieren, Konsumieren, ..."
Es werden Kataloge gewälzt, Zeitschriften bestehen bis zu 80% aus Werbung, man fachsimpelt über Turnschuhe, und überlegt sich, ob man dieses Jahr den Jahresurlaub in der Dominikanischen Republik oder in Malaysia mit beaching, jet-skiing, surfen und tauchen und natürlich in Vollpension mit Begrüßungscocktail verbringen möchte.

 

Gestützt durch eigene Beobachtungen stelle ich hiermit die Behauptung auf, daß es in unserer Leistungs- (4), Konsum- und Mediengesellschaft erschwert möglich ist, ein starkes, den Krisen und Verlockungen des Alltag gewachsenes, Selbstwertgefühl aufzubauen. Zunehmend erkenne ich, daß unsere Gesellschaft den Problemen der Zeit einfach nicht mehr konstruktiv gewachsen ist. Mehr und mehr verarmen wir sozial-emotinal, gesellschaftspolitisch, künstlerisch-kreativ und kulturell. Wir stehen vor kaum lösbaren Problemen, und die Gesellschaft von heute wächst (vegetiert), anstatt Verantwortung zu übernehmen, in eine passive Zuschauerrolle und läßt sich ohne Einschränkung mit Licht- und Gehörreizen ablenken und manipulieren. Ihre Autonomie sinkt, während die Industrie ihr zunehmend dirigiert, was man zu haben hat. Das Auftreten in der Gesellschaft (Selbstwertgefühl) ist abhängig davon, wie man / frau gekleidet ist, welches Deo, welches Zahnpasta benutzt wird und ob er / sie optisch sich zur Schau stellen kann. Dies hilft und tröstet ihn über all die Kränkungen, die er über den Tag einstecken mußte, hinweg.

 

Je niedriger das Selbstwertgefühl, desto „höher“ die Statussymbole die der Mensch benötigt. In einem amerikanischen Slum erschoß erst kürzlich ein Jugendlicher einen anderen, um ihm die 500 DM teueren Turnschuhe zu klauen. Wer wurde für den Mord angeklagt? Der Jugendliche mit dem niedrigen Selbstwertgefühl, der, um auch einmal etwas anders "aufzutreten" vor einem Mord nicht zurückschreckte? Oder der Hersteller, der mittels manipulierender Werbung sein Produkt so vermittelt, das alle das Gefühl haben und die Lust bekommen, ihr letztes Geld dafür zu sparen, um sich so etwas zu kaufen.

 

Was sich Jugendliche aus gutsituierten Familien noch leisten können, und wie sie mit ihrem Statusdenken ihr Selbstwertgefühl noch einigermaßen manipulativ kompensieren können, das bedeutet für Jugendlichen, die unter erschwerten Bedingungen aufwachsen, eine harte und grausame Realität. Ihr menschliches Dasein ist geprägt von Zukunfts- und Statusängsten, Übergangsschwierigkeiten, Identitätsproblemen und Minderwertigkeitsgefühlen. (5)

 

 

3.0. Differenzierung der erlebnispädagogischen Methoden und ihre Wirkungsmöglichkeiten

 

Die Erlebnispädagogik bietet den Kindern und Jugendlichen Erlebnis- und Erfahrungsräume an, die in der Persönlichkeitsbildung und im sozialen Lernen nur schwer zu erreichen sind. Die Erlebnis- und Erfahrungsräume helfen ihnen dabei, Selbsterfahrungen zu machen, Handlungskompetenzen zu erlernen und Eigen- und Gruppenverantwortung zu übernehmen. Neben dem berechtigten Wunsch nach "action" und "fun", erleben die Jugendlichen gemeinsam mit den Betreuern das Gefühl von Teamwork, Zusammenhalt und Gemeinschaft (6).

 

Für die Beziehung zwischen den Betreuern und den Jugendlichen ist auch die Tatsache, daß die Objekte - die Natur, die erlebnispädagogischen Aufgaben, das Schiff, der Fels, u.s.w. - als Medium zwischen sie treten, von großer Bedeutung. Im Vordergrund steht gemeinsames, ganzheitliches Erleben, Spaß und Action haben, statt einer primär kognitiven und verbalen Auseinandersetzung (Planspiele!).


Ich möchte an dieser Stelle betonen, daß meines Erachtens - im Sinne eines ganzheitlichen Erlebnisses und einer kognitiven Verarbeitung - die Reflektion, der freie, ungezwungene Austausch über das Erlebte auf jeden Fall dazugehört. " Erleben statt Reden" alleine genügt m.E. nicht. Das muß aber nicht heißen, daß genausoviel geredet wie erlebt wird. Vielmehr ist darauf zu achten, gerade für unsichere Jugendliche einen Rahmen zu schaffen, in dem sie sich ermutigt fühlen, ungezwungen, gerne und unzensiert von den Erlebten zu erzählen oder zu sprechen, oder andere kreative Ausdrucksmöglichkeiten einzusetzen. An Stelle der "Second-Hand-Sensationen" aus dem Fernseher erleben die Teilnehmer hier echte Abenteuer hautnah und vor allem mit allen kognitiven und sensorischen Sinnen. Folgende differenzierte Darstellung der erlebnispädagogischen Methoden: "Kanuwandern, Segeln, Klettern und Höhlenerkundungen" versprechen ein eigenes Wirkungs- und Anforderungsprofil, das den Jugendlichen und Betreuern  unterschiedliche Lern- und Erfahrungsmöglichkeiten bietet.

 

 

Das Spiel mit der Strömung, sich treiben lassen, mit ihr schwimmen, oder dagegen ankämpfen  - Das Kanufahren

 

Eine Möglichkeit, dem Jugendlichen aus erlebnispädagogischer Sicht eine Herausforderung zu bieten, ist das Kanufahren. Das Befahren eines Flusses erfordert die volle Konzentration und Aufmerksamkeit der Jugendlichen. "Der spielerische Umgang mit der Wassergewalt bedeutet ein intensives Hand-in-Hand-Gehen von kognitiven und motorischen Leistungen: Kehrwasser, Verblockungen, Stufen müssen rechtzeitig gesehen werden, anschwellende Wasserwucht oder Walzen kündigen sich durch starkes Rauschen an, sich ändernde Strömungsverhältnisse sind am Boot geradezu erspürbar; ... Die Wahrnehmung und die auditive Reizverarbeitung erfordern eine richtige Einordnung und eine angemessene, der enormen Dynamik der Situation entsprechende Reaktion. Schnelligkeit und Dichte der Eindrücke sind maßgeblich für Spannung und Konzentration in schwierigen, nicht notwendigerweise gefährlichen Momenten." (vgl.: Heckmair / Michl, 135). Obwohl man gemeinsam in einer Gruppe den Fluß befährt und somit auch Rücksicht nehmen und gegebenenfalls den anderen Hilfe zuteil werden läßt, muß jedes Boot die Fahrt im Wasser alleine bewältigen.

 

Allerdings muß vorab gesagt werden, daß sich der durchführende Pädagoge  darüber im klaren sein muß, daß es beim Kanufahren oftmals kein Zurück gibt. Entscheidungen über die wohl günstigste Passage von Stromschnellen müssen ständig getroffen werden und können nicht hinausgeschoben werden. Diese Umstände erfordern eine genaue Vorausschau und Beobachtung, Reaktionfähigkeit und Konzentration.

 

Ist einmal eine Entscheidung getroffen, muß sie unter Einsatz aller zur Verfügung stehenden Kräfte durchgeführt werden. "Walzen und Stromschnellen sind oft nur mit sehr schnellen, kräftigen und gezielten Paddelschlägen erfolgreich zu überwinden. Die Schnelligkeit des Bootes garantiert dessen Manövrierfähigkeit und läßt es nicht zum Spielball des Wassers werden."(Heckmair / Michl, 1993, 135)

 

Diese Umstände erfordern von den Kindern und Jugendlichen genau das, was wir ihnen vermitteln wollen: Entscheidungsfreude, konsequentes Handeln und die Vorausschau. Gelingt das Unternehmen ohne größere Probleme, so hat der Teilnehmer eine individuelle Erfahrung mit einem hohen Maß an Selbstverantwortung hinter sich gebracht. Dieses ständige Bezwingen des unbekannten, unberechenbaren und gewaltigen Element Wassers läßt den einzelnen eben durch sein persönliches Engagement Erfolge und Anerkennung erleben. Auf dem Wasser sind wir von der richtigen Handhabung des Bootes abhängig. Eine Unachtsamkeit, ungenügende Konzentration auf die möglichen Gefahren, die der Fluß zu bieten hat, schon übersieht man ein Hindernis und das Boot kentert.

 

Für die Sicherheit und letztendlich für das ganzheitliche Erlebnis ist es erforderlich, die Jugendlichen spielerisch, mit Spaß ohne Angst, aber mit einem gesunden Respekt,  praktisch erfahren zu lassen wie es ist, wenn das Kanu kentert. Dieses Erlernen von richtigem Handeln in Notsituationen, vom Verhalten im strömenden Gewässer ist unbedingt notwendig und muß geübt werden. Wie wichtig es ist als Team im Kanu zusammenzuarbeiten und sich gemeinsam an der Bergung von Mann und Material zubeteiligen, muß den Teilnehmer nicht in langwierigen theoretischen Vorreden erläutert werden. Es ergibt sich automatisch aus der Natur der Sache bzw. aus dem Ernst der Situation.

 


Abtauchen in die Dunkelheit, eintauchen in die Mutter Erde - das Höhlenerkunden

 

In der Höhle wird der Tag zur Nacht, begleitet mit einer völligen Veränderung der Umgebung. Durch enge Tunnel robben, sich durch dunkle Löcher zwängen, sich ständig mit dem Unbekannten, dem beengenden Ungewissen auseinander setzen, wird gleichzeitig sowohl mit völlig fremden Sinneswahrnehmungen, als auch mit der aufsteigenden Angst fertig werden ist ein Abenteuer besonderer Art. Wo die auditiven und visuellen Sinnesreize auf ein Minimum beschränkt sind nimmt der Körper ständig taktile (Lehm-Erde-Gestein-Kontakt) und propriozeptive Sinneswahrnehmungen (sich durch kleine Öffnungen zwängen) auf. Diese ungewohnten Erfahrungen und Erlebnisse wirken auf die Wahrnehmung und das Bewußtsein des Menschen. Die pechschwarze Dunkelheit gekoppelt mit der absoluten Stille, man fühlt sich von ihr gefangen genommen und bedroht.

 

„Gemeinsam geht vieles leichter“, dieser Slogan ist treffend für Höhlenerkundungen. Das Helfen und Warten, die gegenseitige Rücksichtnahme zeigt den Jugendlichen, wie bedeutsam und unterstützend Teamwork, kontra Egozentrik sein kann. Die enorme Konzentration des Körpers, das Miteinander, die Geborgenheit und Sicherheit die die Gruppe bietet, all dies sind Möglichkeiten, um das Verhalten der Jugendlichen und Kinder gezielt zu verändern. Steckt man tief in der Höhle, befindet man sich plötzlich in einer unausweichlichen Situation, aus der man nicht einfach aussteigen kann und in der das lebensnotwendige Ankommen an der Erdoberfläche nur in Teamarbeit und unter Anstrengung und Rücksichtsnahme aller möglich ist. Durch den engen Kontakt mit der Natur und der daraus beobachtbaren Grandiosität und Einmaligkeit dieser, erfährt der Mensch seine Unbeholfenheit, seine Schutzlosig- und Vergänglichkeit. Nach  einem erfolgreich abgeschlossenen Abenteuer in der Finsternis ist man meist von sich, seiner Waghalsigkeit und seinen zutage getretenden Kräften und Fähigkeiten angenehm überrascht. Dieses Erkennen kann Mut zu Neuem machen, zur Zukunft und zum Abbau von Ängsten.

 

Nicht selten sind vor der Höhle ähnliche Worte zu hören, wie "Feigling, komm geh halt mit, schau, ich trau mich auch ...". Die Höhle bietet wie kein anderes erlebnispädagogisches Medium diese dynamische Ambivalenz, zwischen enormer Herausforderung, magnetischer Lust sich hinein zuwagen und lähmender, erdrückender Angst. Sozusagen ein Genuß ohne Gleichen immer zwischen Angstlust und Ermutigung zu stehen (7). Gerade die Höhle kann ein Mittler sein, um eigene Ängste wahrnehmen, ertragen und verbalisieren zu lernen. Sie müssen nicht verdrängt oder geleugnet werden.

 

 

Sich mit Hilfe der Naturgewalten fortbewegen - das Segeln

 

Das Medium "Segelschiff" stellt ein ideales, ganzheitliches Lern-, Erfahrungs- und Lebensfeld dar. Auf dem Schiff können die Jugendlichen Wind, Wasser und Wellen und die damit verbundenen Naturgewalten noch direkt und unverfälscht erleben. Inklusive dabei sind intensive Körper- und Sinneserfahrungen, die ständigen propriozeptiven, kinästhetischen und vestibulären Reize, die unaufhörlich Impulse an das sensorische Nervensystem senden (8). Die ununterbrochenen Schaukelbewegungen müssen vom Körper ständig ausgeglichen werden (Grobmotorik) , die Segelstellung laufend über die Winschen und Blöcke dem einfallenden Wind korrigiert werden. Seemännisches Arbeiten verlangt auch schnelle, sichere und richtig gefertigte Knoten (Feinmotorik).

 

Viele nicht wenig komplizierte und meist völlig fremde Kenntnisse, lassen sich hier leichter vermitteln, da sie dringend gebraucht werden und für die Jugendlichen die Beherrschung einleuchtend und transparent zu machen sind.

 

Dort wo Hilfsbereitschaft und Gemeinschaftsinn zu wichtigen Prinzipen der Seemannschaft gehören, wird schnell deutlich, daß egozentrische Extratouren völlig fehl am Platz sind. Hier bedarf es keiner moralischen Ermahnung seitens des Schiffsführers oder Betreuerpersonals. Die Jugendlichen erfahren ihre seemännischen Aufgaben und ihre Wachgemeinschaft als gegenseitige Abhängigkeit hautnah und wirklichkeitsbezogen. Auf dem Schiff gibt es zahlreiche Möglichkeiten zu lernen für die Gemeinschaft mitzudenken, "einmal" hilfsbereit zu sein und Eigeninteressen zurückzustellen.

 

So segelt das Schiff beispielsweise nur dann, wenn zusammengeholfen wird und die Segel gesetzt werden. Es segelt mit der höchsten Geschwindigkeit, wenn die Segel richtig getrimmt und kontinuierlich dem einfallenden Wind angepaßt sind. Unordentliches, unkonzentriertes Steuern hat sofort das Schlagen der Segel zur Folge, das Schiff läuft aus dem Kurs und die Ankunftszeit verzögert sich. Die Wachmannschaft muß während eines Segelmanövers reibungslos zusammenarbeiten und ein Ausschluß einzelner (Außenseiter) oder eine Verweigerung der Pflicht wäre hier völlig deplaziert. So hat die Erledigung einzelner Aufgaben immer die unmittelbare Betroffenheit aller zur Folge (9).  Der sofortige und unkomplizierte Einblick in die notwendigen seemännischen Arbeiten zeigen gleich die Konsequenz des eingeschlagenen Weges, eines schlampigen Einsatzes oder einer "null Bock"- Haltung.

 

Auf dem Schiff erfahren die Jugendlichen deutlich was Kameradschaft, Gebrauchtwerden und Geborgenheit bedeutet. Schnell entsteht eine gewisse Vertrautheit miteinander, man ist Aufeinander-Angewiesen und man sitzt „Miteinander-in-einem-Boot“. Durch das Zusammenleben auf engstem Raum ist es auch kaum möglich sich gegenseitig  auszuweichen oder aus dem Weg zu gehen. Der geschlossene Charakter des Schiffes, gepaart mit dem "ozeanischen" Freiheitsgefühl, ermöglicht es der maßlosen Konsumhaltung der Jugendlichen entgegenzuwirken und Gruppenprozesse bzw. -konflikte ohne Ausweichmöglichkeiten auszutragen. Man kann Problemen, schwierigen Situationen nicht einfach davon laufen, den Weg des geringsten Widerstandes wählen. Somit sind Konflikte vorprogrammiert und zwischenmenschliche Probleme ständig zu bewältigen.

 

"Durch das subjektive Erleben von Angst, das Bestehen von Krisensituationen und das Bewußtsein, als Mannschaftsmitglied gebraucht zu werden, wird das Selbstwertgefühl eines jeden erhöht und gleichzeitig seine soziale Kompetenz gefördert. Dieser Prozeß wird verstärkt durch Selbstverantwortung und Übernahme von Verantwortung für andere. "   (Wellenbrecher e. V. 1988, 120)

 

Der Alltag auf einem Schiff hat noch den Vorteil, daß die seemännische Sprache für alle auf dem Festland Aufgewachsenen völlig neue Vokabeln beinhaltet. Dieser ungewohnte Seemannsjargon gepaart mit der neuen Umgebung und der Unfähigkeit jedes einzelnen, die Schiffsreise und den seemännischen Ablauf zu überblicken, bringt anfangs Überforderung und die Angst vor Fehlern mit sich.

Die Notwendigkeit einer gemeinsamen und arbeitsteilig gestalteten Vorgehensweise wird Jugendlichen schnell klar, die sonst so gerne mit   Omnipotenzgefühlen von sich reden machten. - "Porsche fahren, kein Problem, gib mir einen, und ich zeig es Dir". Hier auf dem Segelschiff kann er sich und allen zeigen, wie gut und ausdauernd er segeln kann.

 

 

Klettern und Abseilen

 

Das Verhalten beim Klettern wird vorrangig mit Begriffen wie hohe Aufmerksamkeit, erhebliche Enttäuschungsfestigkeit, relativ hohem Anspruchsniveau und ruhiger Beharrlichkeit bedacht. Neben Geschicklichkeit, Gleichgewichtssinn und  Propriozeption (10) setzt Klettern auch eine gehörige Portion Kondition voraus. Bei der Bewegungsform und der Struktur des Felskletterns liegt nahe, daß man selbst den Verlauf  und den Schwierigkeitsgrad der Route bestimmt. Der Berg bietet den Jugendlichen immer auch Wahlmöglichkeiten der Besteigung, Eroberung und Erklimmung an. Das Toprope-Klettern erfordert die Zusammenarbeit des Kletterers zum Sicherer. Was der eine an Mut und Vertrauen beweist, muß der andere mit Verantwortungsbewußtsein und sicherungstechnischen Know-how entgegenbringen. Diese Teamarbeit entläßt sie nicht aus der Verantwortung für die übernommene Aufgabe.

 

Beim Klettern gibt es keine Gegner, keine Begünstigten, jeder muß den Berg aus eigener Kraft erklimmen. Ob man oben gesund und munter ankommt, hängt stark vom eigenen Handeln und des Sichernden ab. Hierfür entscheidend und wichtig sind die richtig gewählten Griffe, eine angemessene und den eigenen Fähigkeiten entsprechende Routenwahl, Besonnen- und Beharrlichkeit.

 

Klettern erlaubt auch immer wieder Phasen des Verweilens. Der Blick ist forciert auf den Fels gerichtet und jeder sicher gewählte Schritt und Tritt gibt Zeit zur Reflexion und Planung wie es weiter, dem Ziel entgegen, gehen soll. Weiterhin wächst mit jedem Schritt zum Gipfel die Gewißheit der eigenen Handlungsfähigkeit in dieser gefahrbeladenen Situation.
Der Berg verlangt nicht nur den halben Menschen, er will ihn ganz, mit all seinen Sinnen.

 

Der Berg als Medium besitzt nicht nur einen sehr hohen Aufforderungscharakter sondern er zwingt den Jugendlichen auch zum Dialog. Nach jeder Aktion, nach jedem Griff erfährt der Jugendliche unmittelbar eine Rückmeldung. War der Griff, der Tritt richtig gewählt so kann man einen Schritt weiter gehen, wenn nicht, dann muß der Jugendliche einen neuen Weg suchen.
Wenn man oben auf dem Gipfel angelangt ist, weiß man genau, wieviele Mühen es die eigene Person gekostet hat. Hierbei wird die eigene Leistung transparent und deutlich sichtbar.

 

Das Klettern am Berg verlangt Kooperationsbereitschaft, Vertrauen, Verantwortungs- bewußtsein, Konzentration und die Fähigkeit zur Eigenreflexion.

 

 

3.0. Differenzierte Betrachtung der in der stationären  Erziehungshilfe  häufige auftretenden Verhaltensauffälligkeiten

 

 

Typische Erscheinungsbilder von Verhaltensauffälligkeiten


Nachfolgend stelle ich vier Erscheinungsbilder schwieriger Kinder und Jugendlicher dar. Gemeinsam haben sie sowohl, daß sie unter erschwerten Bedingungen aufgewachsen sind und unter diesen Umständen jetzt noch leben. Sie sind meist auf der Gesprächsebene nicht so gut erreichbar und besitzen ein ambivalentes, vorwiegend jedoch ein niedriges Selbstwertgefühl besitzen. Ihr menschliches Dasein ist oft von Verunsicherungen, Verweigerungen, und diffusen Ängsten geprägt.

 

Die Erlebnispädagogik setzt dabei nicht an den negativen Zuschreibungen (Symptom orientiert) an, sondern ist auf die Ressourcen jedes einzelnen konzipiert. Individuelle Planung orientiert an der Möglichkeiten der einzelnen Jugendlichen heißt für mich, daß ich bestimmte Herausforderungen  (z.B. eigenverantwortliches Navigieren,  spartanische Lebensführung, ...), Streßsituationen (Nässe, Kälte, Dunkelheit, Durst, Hunger) und Grenzerfahrungen (lange Wanderungen, sich fern von Zivilisation aufhalten, ...) gezielt mit einplane. Die Vorbereitung muß jedoch so ausgearbeitet und dosiert sein, daß die Erlebnisgruppe die Probleme meistern kann und eben nicht in Resignation, Überforderung, Aggression und Depression verfällt, denn diese Empfindungen und Verhaltensweisen kennen sie schon gut genug.

 

Vielmehr möchte ich mit den erlebnispädagogischen Projekten, den Jugendlichen Raum für Spaß, Spannung und Abenteuer geben, Akzeptanz und Ich-Kompetenzen vermitteln und das Selbstwertgefühl der Jugendlichen stärken. Durch die Beziehung zu den Jugendlichen und die individuelle Planung der erlebnispädagogischen Projekte kann ich sie dabei unterstützen, persönliche Erfahrungen zu sammeln und Bedürfnisse nachzuholen. Ich kann sie Lust am Leben vermitteln und bei der Suche nach Selbstvergewisserung und Authentizität helfen.

 

Nicht vergessen zu erwähnen möchte ich, daß gerade wegen der typischen Ausprägungen der Persönlichkeit und den daraus hervortretenden Schwierigkeiten, jedes Kind und jeder Jugendliche für mich  unverwechselbar ist und eine eigene Persönlichkeit besitzt, die es zu schätzen und ernstzunehmen gilt.

 

 

3.1. Vernachlässigte Kinder und Jugendliche

 

Als vernachlässigte Kinder werden diejenigen bezeichnet, welche in ihrer Lebensgeschichte längere Zeit von ihrer sozialen Umwelt, wie der Begriff schon sagt, vernachlässigt wurden. Neben einer mangelhaften Versorgung der physiologischen Grundbedürfnisse wie die Sicherstellung von ausreichender und altersentsprechender Ernährung, körperlicher Pflege und Sauberkeit fehlt ihnen die Geborgenheit und Liebe der "erwachsenen" Bezugsperson(en). Die sich selbst überlassenen Kinder zeigen durch den Entzug der mütterlichen Fürsorge und einer daraus folgenden mangelnden kognitiven Stimulation Hospitalisation- und Deprivationserscheinungen.


"Die neurophysiologischen Forschungen der letzten Jahrzehnte haben gezeigt, daß die kindliche Hirnreifung von sensoriellen Reizen und Stimulationen abhängig ist. ... Je mehr und intensivere Anregungen auf allen Sinneskanälen, insbesondere aber über die Haut und die Gleichgewichtsorgane erfolgen, um so mehr wird die Hirnreifung und damit die gesamte Entwicklung angeregt." (Flosdorf, 1988, S. 104, 105) So wie sich die kognitive und sensorielle Stimulation auf die Intelligenz und Entwicklung des Kindes auswirkt, so bedeutsam kann auch das verläßliche Vorhandensein der Bezugspersonen, um "Vertrauen in die Welt" (Erikson 1953) gewinnen und später eine "soziale Kompetenz" (Krug, 1992, 4. Einheit, S. 3) entwickeln zu können. Sensoriell-deprivierte und sozial unsichere Kinder werden seit einigen Jahren wieder verstärkt in Heimen aufgenommen, was nicht zuletzt durch die "Berufstätigkeit beider Elternteile, frühe Krippen- und Hortunterbringungen und langes Sich-selbst-überlassen-Sein" (vgl. Flosdorf), bedingt ist.

 

 

Wie zeigen sich vernachlässigte Kinder und Jugendliche?

 

Die Kinder und Jugendlichen fallen uns schnell wegen ihres unruhigen Verhaltens und ihrer mangelhaften Ausdauer auf. Weitere Merkmale sind Konzentrationsmängel in der Schule, was sich nicht selten in schlechten Zensuren widerspiegelt, und das Unvermögen, intensive Freundschaften einzugehen. "Das einmal ursprünglich in der zu geringen sensoriellen Stimulation, in dem zu geringen Hautkontakt wurzelnde Defizit wird dann oral kompensiert. ... Sensorielle Selbststimulation, wie Schaukeln (besonders vor dem Einschlafen), Lutschen, Kratzen oder auch Onanieren verweisen auf die hier vorliegende sensorielle Bedüftigkeit, die dann nicht selten später durch exzessives Trinken oder Rauchen bearbeitet wird." (Flosdorf, 1988, S.106)

 

 

Was brauchen vernachlässigte Kinder und Jugendliche?

 

Vernachlässigte Kinder brauchen verläßliche Bezugspersonen, die ihnen Sicherheit vermitteln, klare Grenzen zeigen und Geborgenheit, Vertrauen und Zuwendung geben. "Es sollte viel Zeit für warme Bäder, behagliches Verweilen, Schaukeln in Schaukelstühlen und Hängematten vorhanden sein. Solche Kinder brauchen besonders das Bett in einer Nische als geschützten und bergenden Rückzugsraum. Viel Trinken, Süßigkeiten und mehr als ausreichendes Essen sind wichtig, damit keine Unruhe zu entstehen braucht, nicht genug zu bekommen." (Flosdorf, 1988, S. 107)

 

 

Welche erlebnispädagogischen Methoden eignen sich besonders für vernachlässigte Kinder und Jugendliche?

 

Das kipplige Kanu und das schaukelnde Segelschiff bieten vor allem vernachlässigten Kindern und Jugendlichen ständig intensive vestibuläre, taktile und propriozeptive Sinnesreize. Die Rezeptoren im Innenohr empfangen ständig Informationen über Schwerkraft, Raumlage-Wahrnehmung, Gleichgewicht, Haltung und motorischer Kontrolle. "Zusätzlich gibt das vestibuläre System Informationen an eine bestimmte Hirnstruktur (die Formatio Reticularis) ab, welche die Aufmerksamkeit reguliert, sie erhöht oder einen beruhigenden Einfluß auszuübt." (vgl. Mohr-Modes, 1993, 5)

 

AYRES benutzt in ihrer sensorischen Integrationstherapie für deprivierte Kinder neben der taktilen und proprozeptiven Stimulation vor allem die vestibuläre Stimulation. (vgl. Ayres, 1984). Auch KIPHARD spricht davon, daß vor allem die motorisch und sensorisch deprivierten Kindern enorm von der "Heilsamkeit des Schwindels" profitieren können. "Je früher in unserer bewegungsarmen Zeit dem Schwinden der Sinne und dem Verkümmern motorischer Fähigkeiten durch entsprechend attraktive Bewegungsangebote präventiv begegnet werden kann, desto mehr können wir Fehlentwicklungen und Verhaltensauffälligkeiten unserer Jugend entgegenwirken." (Kiphard, 1993, 166) Der ausgeprägte Kontrast vom "rauhen" Naturerleben und der räumlichen Enge  eines Bootes geben ihnen die intensive Nähe, die sie brauchen und vermittlen ihnen Behütetsein. Ausgeprägte propriozeptive Sinnesreize und Gleichgewichtsreize erhalten die Kinder und Jugendliche verstärkt auch beim Klettern und Mountain Biking.

 

Eine ebenfalls gut geeignete Erlebnispädagogische Methode ist das Krabbeln in der engen "Mutter Erde", die einer großen Gebärmutter gleicht. Das Höhlenwandern gibt ständig Hautkontakt und reizt die taktilen Sinne. Gerne und freiwillig orientiert man sich an dem Höhlenführer und ist erleichtert, daß man in einer Gruppe eingebettet ist, die Geborgenheit und Vertrauen vermittelt. Man wälzt sich durch verschlammte Röhren, zwängt sich durch winzige Öffnungen und freut sich, wenn man nach dieser psychisch und physisch belastenden Situation wieder das Licht der Welt entblickt.

 


3.2. Neurotische Kinder und Jugendliche

 

Besonders Kinder- und Jugendpsychiatrien, aber auch heilpädagogische, therapeutische Heime werden häufig mit den "schwächsten Gliedern" der Familie, den Symptomträgern der Familienproblematik konfrontiert. Ungünstige Umweltfaktoren, seelische Traumata und angstmachende Erlebnisse und Erfahrungen in der frühen Kindheit können für die Entstehung von Neurosen von entscheidender Bedeutung sein. Der Terminus „Neurose“ umschreibt eine emotionale und kognitive Entwicklungsstörung der Persönlichkeit, "wobei das neurotische Kind in seiner Gefühlsbeziehung zu sich selbst, zur Welt und zu anderen Personen gestört ist" (Bräutigam, 1985, S. 101).

 

 

Wie zeigen sich die Kinder und Jugendliche mit neurotischen Störungen / Auffälligkeiten

 

Kinder und Jugendliche mit chronifizierten neurotischen Verhaltensweisen zeigen dies deutlich durch Merkmale, wie ausgeprägte Ängste (z.B. vor der Dunkelheit), Phobien (z.B. die Klaustrophobie), Zwängen (z.B. der Waschzwang) und Konversionssymptomen  (z.B. psychogene Lähmungen). Die neurotischen Störungen manifestieren sich als reaktive Störungen auf traumatische Erlebnisse. Das Einnässen, Einkoten, die Schlafstörungen, die Sprachhemmungen, das Stottern und die genannten neurotischen Auffälligkeiten des Kindes weisen die Umwelt geradezu darauf hin, daß hier die kindliche Entwicklung nicht stimmt oder gestört verlaufen ist und sie somit dringend Hilfe benötigen. Das neurotisch und seelisch behinderte Kind, dessen Tagesablauf von Ängsten, Zwängen und (Selbst-) Unsicherheiten gekennzeichnet ist, steht unter einem ständigen Leidensdruck, was sich nicht zuletzt in der konfliktreichen und ambivalenten Beziehung zu anderen Mitmenschen äußern kann.

 

 

Was brauchen neurotische Kinder und Jugendliche?

 

Während das vernachlässigte Kind großen Nachholbedarf an Geborgenheit, Zuwendung und sensoriellen Reizen hat, benötigt das neurotische Kind in erster Linie dringend korrigierende Erfahrungen, um so die belastenden Verhaltenstendenzen verändern zu können. "Das Grundprinzip der Behandlung ist, den Patienten unter günstigeren Umständen emotionalen Situationen auszusetzen, mit denen er in der Vergangenheit nicht fertig geworden ist. Damit dem Patienten geholfen werden kann, muß er ein korrigierendes emotionales Erlebnis haben, das geeignet ist, den traumatischen Einfluß früherer Erlebnisse wiedergutzumachen." (Yalom, in Flosdorf, 1988, S. 111, 112) Den fehlenden korrigierenden  Faktor erhält das Kind durch die dauerhafte Beziehung zum Therapeuten, der versucht, die "blind ablaufenden Projektionen bisheriger Erfahrungsmuster zu durchschauen und schrittweise zurückzunehmen. Dazu gehört auch das Abarbeiten und Durcharbeiten aufgestauter Affekte und Ängste." (Flosdorf, 1988, S.111) Zum anderen erhält das Kind durch das therapeutische Milieu, das Existieren von anderen expliziten und impliziten Regeln wie in der Herkunftsfamilie und den Beziehungen zu Freunden, Kindern und Mitarbeitern ebenfalls eine heilende Hilfestellung. So sind die korrigierenden emotionalen Erlebnisse so bedeutsam wie das systematische Desensibilisieren von Ängsten und Zwängen.

 

 

Welche erlebnispädagogischen Methoden eigenen sich besonders  für Kinder und Jugendliche mit neurotischen Auffälligkeiten

 

Korrigierende emotionale Erlebnisse und eine dauerhafte Beziehung zum Erzieher / Pädagogen erhält der Jugendliche in erster Linie auf einer längeren Reise auf dem Segelschiff. Hier erlebt der Jugendliche ein therapeutischen Milieu, in dem mehr Sachzwänge an der Tagesordnung sind als familär explizite und implizite Regeln. Übliche Versteckspiele und familiäre "Überlebenstaktiken" sind nicht aufrecht zu erhalten. Die Heilpädagogik und die therapeutische Arbeit findet dabei nicht in gesonderten Therapiestunden statt, sondern dauert den ganzen Tag über an. Für den Erzieher heißt das auch, daß sich die Grenzen zwischen Pädagogen und Jugendlichen deutlich verringern. Der Hilfesuchende kann sich eher als in der stationären Erziehungshilfe, in der der Betreuer nach Verrichtung seiner Arbeit die Gruppe verläßt, am Modell des Erwachsenen orientieren (11). Man lebt als Mannschaft auf engstem Raum konstant zusammen und hat ein gemeinsames, vielleicht fernes, Ziel vor Augen. Schnell wächst eine gewisse Vertrautheit zueinander, man kennt sich und seine eigenen Schwächen und die Schwächen der anderen. Durch die hohe soziale Dichte, durch das Angewiesen sein auf den anderen,  wächst viel stärker als in anderen Lebenssituationen die Akzeptanz der anderen. Der Jugendliche erfährt, daß auftretende Probleme gelöst werden müssen. Es gibt keine Nischen, in die er seine neurotischen Auffälligkeiten verschwinden lassen könnte, bis das Problem sich selbst gelöst hat oder von anderen gelöst wurde.

 

Auf dem Schiff bleibt dem Jugendlichen und der Gruppe nur die Möglichkeit der Auseinandersetzung mit sich selbst, dem Gegenüber bzw. dem Problem (12). Der Jugendliche erhält in einem geschützten Rahmen die Möglichkeit der positiven Bewältigung von Problemen, die ihm hilft, sein Handlungsrepertoire zu vergrößern und letztendlich sein Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen zu stärken. Auf dem Schiff können Kinder und Jugendliche mit neurotischen Auffälligkeiten auch intensive Erfahrungen mit dem eigenen Körper und den Naturgewalten machen. Hier muß bei jedem Wetter, bei Sonne, Starkwind, Regen und Kälte gearbeitet werden. "Tropfnaß" seine(n) Mann / Frau stehen und die anfallenden Aufgaben erledigen (an Land wohl eher eine Zumutung) ist an Bord eine wichtige Erfahrungschance. Was das Zulassen, Desensibilisieren und Abarbeiten von diffusen Ängsten und Zwängen betrifft, so erhält das Kind / der Jugendliche an Bord viele Möglichkeiten.  - Z.B. obwohl ich riesige Angst hatte, nachts zu segeln, trotz der stürmischen See, haben wir unser Tagesziel erreicht.
Eine andere Möglichkeit, seine Ängste wahrzunehmen bietet ihm das Höhlenwandern. In der dunklen und unbekannten Höhle kann der Jugendliche, wenn er möchte, "mal so richtig" seine Angst erleben, wahrnehmen und kann über seine gemachten physischen und psychischen Belastungen reden. Die Höhle bietet ihm einen Rahmen, wo er seine Ängste weder verdrängen, auf andere projizieren, noch leugnen muß.

 

 

3.3. Kinder und Jugendliche mit einer leichten frühkindlichen  Hirnschädigung

Unter einer leichten frühkindlichen Hirnschädigung versteht man die Folgen von Krankheiten und Verletzungen, die auf das noch in der Entwicklung befindliche Zentralnervensystem bis Ende des 1. Lebensjahres eingewirkt haben. Meist wird die Störung durch eine perinatale Schädigung verursacht und im deutschen Sprachraum unter den Begriffen: leichte Hirnfunktionsstörung, minimale cerebrale Dysfunktion (MCD), hyperkinetisches Syndrom (HKS), frühkindlich exogenes Psychosyndrom und als organisches Psychosyndrom nach frühkindlicher Hirnschädigung näher bezeichnet.

 

 

Wie zeigen sich Kinder und Jugendliche mit leichten frühkindlichen Hirnschädigung?

 

Kinder und Jugendliche mit einer minimalen Hirnschädigung oder Hirndysfunktion fallen besonders durch ihre motorische Unruhe (Hyperkinese), ihre geringe Aufmerksamkeitsspanne und ihr impulsiv-labiles Verhalten auf. Dazu kommen emotionale Störungen, die sich im niedrigen Selbstwertgefühl, in der geringen Frustrationstoleranz und in der ausgeprägten Affektlabilität zeigen.

 

Die kurze Konzentration, die geringe Ausdauer und die leichte Ablenkbarkeit macht sich besonders durch schlechte Leistungen in der Schule bemerkbar. Auch können sie "... die Wirkung ihres eigenen Verhaltens auf die Umwelt nur ungenügend oder gar nicht einschätzen, da sie die feinsten Verhaltensweisen der anderen, diese feinen Signale zwischenmenschlicher Beziehung, nicht genügend registrieren vermögen." (Lemp, in Flosdorf, 1988, S. 119).

 

Neben den neuropsychologischen Symptomen und den Störungen im Bereich der Grob- und Feinmotorik sind die Kinder und Jugendlichen meist noch mit Teilleistungsstörungen, vor allem im Bereich der auditiven und visuellen Wahrnehmung, betroffen. "Diese Kinder sind kaum in der Lage, wichtige von weniger wichtigen Eindrücken und Reizen zu trennen und zu ordnen, so daß sie eigentlich permanent in einem diffusen Zustand der Reizüberflutung stehen, der ihrerseits zu impulsiven und schnell wechselnden Aktivitäten führt und insgesamt ein chaotisches und aufgedrehtes Erscheinungsbild hinterlassen kann." (Flosdorf, 1988, S. 120)

 

 

Welche heilpädagogische Hilfe, was brauchen Kinder und Jugendliche mit einer leichten Hirnschädigung?

 

Während auf der einen Seite die Kinder und Jugendlichen mit einer minimalen cerebralen Dysfunktion vor einer Überflutung von auditiven und visuellen Sinnesreizen geschützt werden müssen, haben die Bezugspersonen dafür Sorge zu tragen, daß das betroffene Kind viel Gelegenheit zur Bewegung im Freien und zur sportlichen Betätigung erhält und sich das Bewegungsbedürfnis nicht über Gebühr anstaut. Gezielt lustbetonte motorische Bewegungen fördern nicht nur die Geschicklichkeit und den Spaß am eigenen Körper, sondern beeinflussen auch die Konzentration des Kindes positiv. "Durch verschiedene Bewegungssituationen werden gerade bei Kindern meist gleichzeitig vorhandene Störungen der Körperwahrnehmung, der Umweltwahrnehmung und nicht zuletzt auch der Sozialwahrnehmung mit der Zeit verbessert." (vgl. Kiphard, 1993)

 

Bei Kindern mit einer leichten Hirnschädigung sollte auch immer die geringe Aufmerksamkeitsspanne, der erschöpfende und unwirtschaftliche Einsatz von Körperkräften, sowie die daraus folgende mangelnde Durchhaltefähigkeit bei Leistungsanforderungen bedacht werden. Die Umwelt des Kindes ist so zu organisieren, daß sein Leben wohl strukturiert und so gut es geht routiniert abläuft. Nicht zuletzt auf Grund der leichten Ablenkbarkeit und der auditiven Wahrnehmungsstörung ist es bedeutsam, eine einfache Sprache zu wählen, es häufig beim Namen zu nennen, Blickkontakt zu halten und so mit ihm zu reden, daß seine Aufmerksamkeit und Wahrnehmung direkt auf die gesprochenen Worte gelenkt werden. "Die grundsätzliche Schwierigkeit der Therapie von Teilleistungsstörungen liegt darin, daß wir von einem Kinde fordern müssen, daß es etwas übt, was es gerade nicht so gut kann. Dies gelingt in der Regel nur, indem man die Motivation durch attraktives Spiel- und Übungsmaterial oder durch regelmäßige positive Verstärkung fördert, das Ganze mehr wie eine sportliche Übung aufzieht und nach Möglichkeit jeden Lern- und Strafcharakter vermeidet." (Lempp in Flosdorf, 1988, S. 121) Über die psychischen Besonderheiten eines Kindes mit minimal cerebraler Dysfunktion, das schnell als faul, schlecht erzogen, und schlampig tituliert wird, ist nicht zuletzt auch die nähere Umgebung aufzuklären, "um falsches Reagieren auf bestimmte Verhaltensweisen des Kindes zu verhindern und damit eine sekundäre Neurotisierung zu vermeiden" (Remschmidt, 1988, S. 176)

 

 

Welche erlebnispädagogischen Methoden eignen sich besonders für Kinder und Jugendliche mit einer leichten Hirnschädigung?

 

Kinder und Jugendliche mit einer leichten Hirnschädigung fällt es vor allem sehr schwer, sich zu konzentrieren und längere Zeit ruhig zu verharren, weil sie ständig auf alle Geräusche und alles Sichtbare reagieren. Die Höhle mit ihrer pechschwarzen Dunkelheit und ihrer absoluten Stille stellt vor allem für sie das ideale Erlebnis- und Erfahrungsfeld dar.
Auch in der psychomotorischen Behandlung von hyperaktiven Kindern, nach Kiphard, werden die Kinder aufgefordert, den Raum mit geschlossenen Augen zu erkunden und sich nur auf ihr Gehör und ihren Tastsinn zu verlassen. "Oder er erzählt ihnen eine Geschichte in einer aus Matten und anderen Gegenständen gebauten Höhle - <<da lauschen sie auf einmal mit großen Ohren.>> Die optische Wahrnehmung wird erst wieder in die Therapie miteinbezogen, wenn die Kinder deutlich ruhiger geworden sind." (Berg, 1992, 27) Längere Bergwanderungen und Trekkingtouren auf Wanderpfaden und zu Fuß, mit kontrollierten Bewegungsabläufen, sind ebenfalls eine gute Möglichkeit, ihnen Erfolgserlebnisse zu vermitteln und ihnen einen reizarmen und streßfreien Rahmen zu geben.

 

Das Toprope - Klettern, das dem Kletterer jederzeit "Atempausen" erlaubt, der Aufstieg nach oben sofort unterbrochen werden kann und ihm für die Bewältigung des Felsens eine Vielzahl alternativer Lösungsstrategien bietet, hat für Kinder und Jugendliche mit einer minimalen cerebralen Dysfunktion, eine hohe erwünschte Wirksamkeit. Der Fels zeigt sich ihm reizarm, behält seine Struktur, und der Blick des Kletterers und seine Aufmerksamkeit ist notwendigerweise auf ein bestimmtes Felsterrain forciert. Das Klettern ermöglicht bei entsprechender Vorbereitung und Geländewahl sofortige Selbstwirksamkeitserfahrungen. Es (er)fordert wie keine andere Sportart vor allem die propriozeptiven Sinne und der Körper erhält ständig Rückmeldung über die Tast- und Gleichgewichtssinne. "Hier erleben sie physische, wie psychische Kompetenz, hier werden sie zum Gestalter von Ereignissen und können ihr (Körper-) Kapital auf einem für sie bedeutsamen und darüber hinaus gesellschaftlichen anerkannten Markt realisieren." (Wolff, 1992, 52)

 

Absolute Vorsicht, ständiges Dabeibleiben und sofortiges Einspringen des Erlebnispädagogen ist geboten, wenn ein Hyperaktives Kind die Sicherung und somit die Verantwortung eines anderen Kletterers übernimmt. Gekennzeichnet durch seine kurze Konzentration, der geringen Ausdauer, der leichten Ablenkbarkeit und das Unvermögen längere Zeit still stehen zu bleiben, würde dieses einen unverantwortlichen und fahrlässigen Tatbestand des Erlebnispädagogen darstellen, wenn er ein hyperaktives Kind längere Zeit die Aufgabe des Sicherns überläßt.

 

Grundsätzlich kontraindiziert für hyperkinetische Kinder stellt für mich das Kanuwandern, Kajakfahren und Segeln dar. Hier ist die optische und akustische Wahrnehmung, das Vorausschauen, eng mit der Reaktion und der Handlung verbunden. Da sich das Handlungsfeld und die optischen und akustischen Reize permanent ändern ("Gift" für Hyperkinetiker), wird das Kind hier mit auditiven und visuellen Sinnesreizen überflutet. Dies würde sie völlig überfordern und nur Streß und Angst erzeugen.

 

Vor längeren Radtouren auf befahrenen Landstraßen, in der Stadt und Mountain Bike Touren im Gebirge sollte ebenfalls Abstand genommen werden.

 


3.4. Kinder und Jugendliche mit einem dissozialen Erscheinungsbild

 

Der Eingliederungsprozeß der Kinder und Jugendlichen mit der Diagnose: Verwahrlosung, Dissozialität, Soziopathie oder Delinquenz ist für die stationäre Erziehungshilfe eine der größten Herausforderungen und schwierigsten Aufgaben zugleich. Die Kinder und Jugendlichen werden dem Psychologen oder Kinder- und Jugendpsychiatern nicht vorgestellt, weil sie sich krank oder behandlungsbedürftig fühlen, sondern weil sie mit ihren Eltern, der Schule und letztendlich mit der Gesellschaft in Konflikt geraten und diesen "über den Kopf gewachsen" sind.

 

"Die Verwahrlosung setzt eine psychopathologische Veränderung der Persönlichkeit voraus" (Remschmidt, 1988, S. 303) Sie kann speziell ätiologisch, durch mangelndes "verwahrt sein" und durch das Zusammenwirken verschiedener objektiv pathogenetischer Bedingungen geklärt werden. Dabei spielt der "Faktor der Gestörtheit der Familie, bzw. Dissoziation des Familienverbandes" gekoppelt mit verschiedenen Gefährdungsmomenten, wie z.B. die geistige Unzulänglichkeit des Kindes oder Jugendlichen den höchsten Erklärungswert für die Entstehung von Verwahrlosung. "Zur "psychopathischen Verwahrlosung" kommt es immer dann, wenn Kinder schon in der frühen Kindheit keine sichere Befriedigung ihrer primären Zuwendungsbedürfnisse erfahren haben und diese Unsicherheit noch durch Angst und Demütigungen zusätzlich belastet wird." (Flosdorf, 1988, S.137) "Manchmal scheinen diese Kinder einfach deswegen falsch und ungeordnet zu handeln, weil ihr Ich mangelhaft ist und in komplexen Lebenslagen den Aufprall der Triebhaftigkeit nicht standhalten kann." (vgl. Redl / Winemann, 1990, S. 147)

 

 

Wie zeigen sich Kinder und Jugendliche mit einem dissozialen Erscheinungsbild?

 

Dissoziale Kinder und Jugendliche fallen vor allem durch ihre Mißachtung der Regeln des sozialen Zusammenlebens und wegen ihrem sozialwidrigen Verhalten auf.. Die Triebe und die unmittelbare Bedürfnissbefriedigungen liegen im Vordergrund, während es ihnen auf der anderen Seite deutlich an einer adäquaten Über-Ich und Ich- Bildung mangelt. Dies kann sich in Eigentumsvergehen, geringer Frustrationstoleranz, Herumtreiben, Schule schwänzen, phantasierter Allmacht, Sachbeschädigungen, kriminellen Delikten, und anderen sozialen Rücksichtslosigkeiten zeigen.

 

 

Welche heilpädagogische Hilfe, was brauchen Kinder und Jugendliche mit dissozialen Auffälligkeiten

 

Für Kinder und Jugendliche mit dissozialen Auffälligkeiten ist es besonders wichtig, daß sie eine konsequente Erziehung erfahren statt einseitiger Strenge, Nachgiebigkeit oder erzieherische Willkür. Sie müssen lernen, Triebwünsche zeitweise aufzuschieben oder unter Umständen sogar ganz auf ihre Erfüllung zu verzichten. Sie brauchen meines Erachtens "standfeste" Pädagogen, die ihnen klare Grenzen und deutlich erklärte Spielregeln aufstellen. Die kurze Konzentration, die geringe Ausdauer und die leichte Ablenkbarkeit macht sich besonders durch schlechte Leistungen in der Schule bemerkbar. Auch können sie "... die Wirkung ihres eigenen Verhaltens auf die Umwelt nur ungenügend oder gar nicht einschätzen, da sie die feinsten Verhaltensweisen der anderen, diese feinen Signale zwischenmenschlicher Beziehung, nicht genügend registrieren vermögen." (Lemp, in Flosdorf, 1988, S. 119).

 

Zusammenleben vermitteln und mutwillige Grenzübertretungen nicht mit einer moralischen Sühne bestrafen und mit "Pädagogengeschwafel" oder abwertende Vorwürfe umrahmen. Es hat keinen Sinn ihnen zu sagen: "Sei doch einmal zuverlässig". Besser ist es: "Wer zu spät kommt, kriegt nichts zum Essen". Die Jugendlichen müssen erkennen, daß das soziale Miteinander nur in der Gegenseitigkeit und den damit auch verbundenen Verzichtleistungen möglich ist. "Was die Mutter in der Familie mit emotionaler Betroffenheit und vorübergehendem Liebesentzug bei ihrem Kind zu erreichen vermochte, kann in der stationären Erziehungshilfe nur noch in der klaren Konsequenz und der rationalen Einsichtigkeit erreicht werden. Soziales Lernen vollzieht sich jetzt nicht mehr emotional-verinnerlichend, sondern lernlogisch an den Konsequenzen (Versuch und Irrtum), aus der Einsicht und dem Verstehen der Situation (Einsichtslernen) und schließlich auch, besonders in komplexen Konfliktsituationen, am lebendig erlebten Beispiel und durch Nachahmung (Modellernen)." (vgl. auch Flosdorf, 1988, S.140)

 

 

Welche erlebnispädagogischen Methoden eignen sich besonders für Kinder und Jugendliche mit einem dissozialen Erscheinungsbild

 

Für Kinder und Jugendliche mit einem dissozialen Erscheinungsbild eignen sich, m.E., prinzipiell alle erlebnispädagogische Methoden. Wie für Kinder mit neurotischen Auffälligkeiten eignet sich besonders das Medium Segelschiff als therapeutisches Milieu. Auf dem Segler ist Teamwork alles und von jedem einzelnen ist Rücksichtsnahme und Toleranz auf engstem Raum gefordert. Die Sachzwänge sind sofort und ohne langes "Erzieherpalaver" einsehbar.Seemännisches Arbeiten ermöglicht die konkrete Anschauung des eigenen Schaffens und die unmittelbare Überprüfung und Regulierung von Tätigkeit und Verhalten. Die Qualität seiner Arbeit ist sofort für den selber und auch für die restliche Besatzung einsehbar. Jeder ist für seinen Teilbereich alleine verantwortlich und nur unter dem gemeinsamen Einsatz kann das Segelschiff zielgerichtet gesegelt und manövriert werden. Die Naturgewalten sind weder bestechlich, noch verdrängbar, nicht wegzudiskutieren und bestrafen Fehlverhalten sofort und automatisch. Endweder man läßt sich darauf ein und versucht sich den Gegebenheiten anzupassen, oder man kämpft endlos dagegen an.


Die ungewohnte, reizvolle und herausfordernde Umgebung fordert von den Jugendlichen ganz andere Potentiale seiner Persönlichkeit als er sonst gewohnt ist zu offenbaren. Die Weite des Meeres und des Himmels, das "ozeanische Freiheitsgefühl", das leise Plätschern des Wassers gegen den Bug des Schiffes, das Dahingleiten, ... all dies sind Elemente, die eine unwahrscheinlich starke beruhigende Wirkung auf die Psyche der Jugendlichen und Betreuer ausüben.

 

Als weitere erlebnispädagogische Methode mit hohem Herausforderungscharakter sind Klettern, Kanufahren, Mountain Biking und Höhlenwandern zu nennen. Hier müssen die Jugendlichen sich selbst einschätzen und lernen die eigene und die Belastbarkeit anderer kennen. Gerade die realistische Selbsteinschätzung ist für Kinder und Jugendliche mit einem dissozialen Erscheinungsbild von größter Bedeutung. Fertigkeiten, wie die Paddel- und Klettertechniken, Zelt aufstellen, ... resultieren aus der unmittelbaren Situation, sind für sie wichtig und erkennbar. Die gesetzten Grenzen ergeben sich meist aus der Handlung selbst und werden von ihnen nicht als willkürlich verhängte Ge- und Verbote empfunden.

 

Neue Akzente für die Trieb- und unmittelbare Bedürfnissbefriedigung stellt die Selbstverpflegung mit geringen Mitteln, das Übernachten in einfachster Umgebung und das Leben in einer für sie "reizarmen" Umgebung dar. So haben alle erlebnispädagogischen Maßnahmen gemeinsam, daß ein soziales Miteinander nur in der Gegenseitigkeit und den damit verbunden Verzichtleistungen möglich ist (13). So lernt der Jugendliche nach und nach, daß er die Qualität seines "Daseins" selber in die Hand nehmen und eigenverantwortlich handeln kann und muß.

 

 

4.0. die Umsetzung der Theorie in die Praxis, am Beispiel des Kinderzentrums St. Vincent

 

Die Erlebnispädagogischen Projekte des Kinderzentrums St. Vincent

 

•  versuchen das Selbstwertgefühl der Jugendlichen zu steigern:

Die Erlebnis- und Abenteuerprojekte des Kinderzentrums bieten als integrierter Bestandteil des Erziehungsplanes Erfahrungsräume an, die in der Persönlichkeitsbildung und im sozialen Lernen bei Jugendlichen nur schwer zu ersetzen sind.
Wir möchten den Jugendlichen vermitteln: "Du bist jemand! Du kannst was! Du stellst etwas dar! Auf Dich habe ich mich verlassen können!"

 

•  zeigen den Jugendlichen Ursache und Wirksamkeit ihres Handelns:

Wegen der einfachen Strukturen und der unmittelbaren Erlebbarkeit werden im erlebnispädagogischen Rahmen Situationen und Probleme schnell und deutlich sichtbar. Die zeitliche Abfolge zwischen einer Aktion und dem Eintreten einer Konsequenz ist bei erlebnispädagogischen Maßnahmen relativ kurz und hat deshalb für die aktuelle Problembewältigung eine hohe Bedeutung. Der Jugendliche kann in kurzen Zeiträumen Ursache und Wirkung seines Handeln erkennen.

 

Dies wird z.B deutlich beim

•  Ertragen der Konsequenzen, wenn die Ausrüstung unvollständig oder falsch gewählt wurde oder die Turnschuhe und Kleidungsstücke sorglos im Freien liegen und durch einsetzenden Regen durchnäßt werden, oder ein größerer Umweg in Kauf genommen werden muß, oder wenn der Weg falsch oder nicht sorgfältig genug ausgewählt wurde.

•  Erleiden von Entbehrungen, wenn zu wenig Wasser oder Feuerholz geholt wurde, wenn der Gaskocher nicht auf Funktionstüchtigkeit überprüft wurde.

•   "Drücken" des Rucksackes, wenn zuviel "unnütze" Gegenstände, wie z.B. Gasmaske, Kopfkissen und Daunenbettwäsche mitgenommen wurde oder wenn er falsch oder schlecht gepackt wurde.

•  lernt der Jugendliche, daß es sich lohnt, Handlungen zu Ende zu bringen

 

In den erlebnispädagogischen Aktivitäten und den daraus entstehenden Grenzerlebnissen wird der Jugendliche zum Handeln aufgefordert, wobei frühere "Versteckspiele" und Selbsttäuschungen schwer aufrechtzuerhalten sind. So bringen gerade die abenteuerlichen Situationen den Zwang mit sich, Handlungen durchzuhalten und sie nicht einfach abzubrechen, wie es im Alltag von Jugendlichen so oft geschieht. Z.B kann man während eines Segeltörns, mitten auf dem Meer, nicht einfach aussteigen, oder während eines Orientierungsmarsches im Wald nicht stehen bleiben und sagen, ich möchte jetzt doch lieber zurück ins Heim. Mit dem „gesamten Erlebnis“ merkt der Jugendliche, was er alles verpaßt hätte, wenn er sich nicht auf das Projekt eingelassen und es durchgezogen hätte.


•  geben Platz für eigenständiges Handeln und Raum für Experimente

Die erlebnispädagogischen Projekte werden so eingesetzt, daß die kreativen, intellektuellen und körperlichen Ressourcen der Teilnehmer zum Tragen kommen. D.h. neben verschieden geplanten komplexen Aufgaben, wie z.B. einen fiktiven Piranhafluß überqueren, und intensiver Körpererlebnisse, wie z.B. das Schaukeln eines Schiffes, geben wir den Jugendlichen genügend Freiraum, sich kreativ und spielerisch mit der neuen Umgebung auseinanderzusetzten. So erfahren die Jugendlichen nicht nur ihre eigene Kompetenz in der Bewältigung von Aufgaben, Schwierigkeiten und subjektiven Gefahren, sondern auch ihre persönliche Handlungsfähigkeit, was eigene Ideen entwickeln und durchführen betrifft. Durch die verschiedenen Aktivitäten können die Jugendlichen ihre verborgenen Fähigkeiten und Stärken entdecken und weiter ausbauen. So bauten sich bei einem erlebnispädagogischen Projekt Jugendliche, aus eigenem Antrieb im Anschluß an den Navigationsmarsch eigene Hütten aus Tannenzweigen und versuchten darin mehrere Stunden, trotz der regnerischen Nacht, zu verbringen. Ein anderer Jugendliche baute sich einen Pfeil und Bogen. Alleine der Freiraum des Nachmittages und die neue Umgebung gab ihnen diese konstruktiven Impulse und Experimentierfreudigkeit.

 

•  ermutigt die Jugendlichen einen höheren Grad an Eigenverantwortung und Verantwortung für die Gemeinschaft zu übernehmen

Die Jugendlichen werden ermutigt, einen höheren Grad an Eigenverantwortung und Verantwortung für die Gemeinschaft zu übernehmen, beispielsweise das Navigieren mit Karte und Kompaß. Hier übernimmt ein Jugendlicher über einen längeren Zeitraum hinweg die Füh¬rung der Gruppe, indem er die Marschrichtung festlegt. Die Ausrüstungsgegenstände werden selbstständig gepackt,. auf Vollständigkeit, Zweckmäßigkeit und Funktionstüchtigkeit achten die Jugendlichen eigenverantwortlich.

 

•  kommt dem Erlebnishunger und der Abenteuerlust der Jugendlichen entgegen

Jedes einzelne erlebnispädagogische Projekt ist so geplant, daß es den Jugendlichen viele neue ganzheitliche Erlebniselemente bietet. Mit einem "reinen" Zeltwochenende könnten wir die Abenteuerlust und den Erlebnishunger der Jugendlichen nicht stillen. So versuchen wir zusätzlich zu den geäußerten Wünschen der Jugendlichen, noch viele spannende und abenteuerliche Elemente zu integrieren: z.B: neben dem Orientierungsmarsch mit Karte und Kompaß, dem Übernachten mitten im Wald, dem Überqueren eines fiktiven Piranhaflusses, hatten die Jugendlichen noch die Möglichkeit, einen Schatz in der Bärenhöhle zu suchen.

 

Mit den erlebnispädagogischen Projekten des Kinderzentrums St. Vincent möchten wir wesentliche Akzente im Erlebnisbereich setzen, die sich von üblichen Freizeitunternehmungen deutlich unterscheiden. Wir bieten den Jugendlichen die Möglichkeit, Abenteuer aktiv zu erleben, die sie richtig "mitnehmen", die ihnen lange im Gedächtnis bleiben und trotzdem nicht "vor den Richter führen" (vgl. S-Bahn surfen, Auto knacken, ...). Die Jugendlichen machen dabei Erlebnisse mit sich, mit ihren Mitmenschen und der Natur, die in der gegebenen Alltagssituation nicht möglich sind. Im achten Jugendbericht der Bundesregierung steht diesbezüglich "... daß manche Straftat von Jugendlichen und Heranwachsenden nur begründet ist, aus der Anregungs-, Erlebnis- und Erfahrungsarmut unserer durchreglementierten Lebensräume. Räume in denen man gefahrlos Abenteuer bestehen und Risiken ausreizen könnte, gibt es für junge Menschen kaum noch." (Der Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit)

 

•  tragen dazu bei, sich selber zu erfahren

Gerade der hohe Aufforderungs- und Abenteuercharakter der Erlebnisunternehmungen erleichtert es den Jugendlichen, sich aktiv zu beteiligen. Anderseits tragen viele Grenzerfahrungen dazu bei, daß die Jugendlichen sich mit ihrem Körper und ihrer Psyche, mit den Betreuern und den anderen Jugendlichen, neu erleben und definieren können.
Für die Jugendlichen besteht die Möglichkeit, Erfahrungen zu machen wie das "Nicht- aufgeben" trotz schwieriger äußerer Umstände. So war für die Jugendlichen das Übernachten mitten im Wald, bei Regen und einer Außentemperatur von weniger als 9° Grad, eine eindrucksvolle Erfahrung für Körper und Psyche, "Durchgehalten" und Ausdauer entwickelt zu haben.

 

•  tragen dazu bei, sich in der Gruppe zu erfahren und mit ihr auskommen können, zu lernen

Mit anderen etwas gemeinsam erleben, die Tourenplanung und die Selbstversorgung der Gruppe fordern von den Jugendlichen Rücksichtsnahme, Teamgeist, gegenseitige Hilfe und Vertrauen. Der Jugendliche hat die Möglichkeit, intensive Gruppenerfahrung im Kontext mit der Natur zu machen. Das gemeinsame Überwinden von Durststrecken und das Lösen von Gruppenaufgaben schafft einen intensiven und engen Kontakt. Die Teilnehmer sind aufeinander angewiesen. Das Ausgrenzen eines Jugendlichen funktioniert nicht mehr so einfach wie im Heimalltag.

 

Das gemeinsame Lösen verschiedener Aufgaben und die zahlreichen New Games, wobei es hier nicht auf ein Gewinnen und Verlieren einzelner, sondern auf das gemeinsame Spielerlebnis ankommt, tragen dazu bei, Flexibilität in der Gruppenstruktur zu erreichen. Diese Flexibilität, und die vielen neuen und unbekannten Situationen helfen der Gruppe alte Strukturen zu überdenken und eventuell neu zu definieren. Die Jugendlichen entdecken sich selbst und andere neu. Die Möglichkeit, anderen zu helfen und sich selbst helfen zu lassen, eröffnet der Gruppe, als Lebens- und Lernfeld, neue Chancen im Umgang miteinander.

 

Der klassische Außenseiter der Gruppe z.B. erhält viele Möglichkeiten, sich der Gruppe zu stellen und sich auf den verschiedensten Gebieten zu bewähren. Die Gruppe erhält zur gleichen Zeit viele Möglichkeiten durch den äußeren Rahmen der einzelnen Projekte den Außenseiter zu integrieren. Die erlebnispädagogischen Projekte bieten für die Jugendlichen große Chancen, die auf der Gesprächsebene nicht so gut erreichbar sind ("Handeln statt immer nur Reden").


Jugendliche, die auf dieser Ebene schwer zu erreichen sind , haben gerade in der Erlebnispädagogik die Möglichkeit, sich nicht durch mitreden zu profilieren, sondern sie können durch ihr konstruktives Handeln die Aufmerksamkeit der Gruppe auf sich lenken und sind somit für die Gruppe auch "sichtbar".

 

•  haben die Absicht, die Jugendlichen vom reinen Konsumverhalten abzuwenden

Wir möchten den Jugendlichen zeigen, daß man mit wenig Geld, sozusagen mit einem Taschengeldbetrag, viel Spaß und Freude erleben kann. Die Abenteuer sollen das zukünftige Freizeitverhalten der Jugendlichen aktivieren, und sie vom reinen Konsumverhalten abwenden. Alle erlebnispädagogischen Aktivitäten, ausgenommen der Segeltörn, wurden so ausgewählt, daß sie sich zwar deutlich von der Alltagssituation abheben, aber trotzdem in der unmittelbaren Umgebung von Regensburg stattfinden.

 

Der Jugendliche erhält somit die Möglichkeit, in späterer Zukunft für sich und seinen Freundeskreis einige Projekte an Ort und Stelle zu wiederholen. Um dies zu verstärken und als Andenken erhält jeder der Jugendlichen ein Projekttagebuch, in dem er das von uns ausgehändigte Karten- und Navigationsmaterial, Adressverzeichnis über Kajakverleihstellen, Survivaltips und vieles mehr einkleben und durch persönliche Notizen bereichern kann.

 

•  fördern die ganzheitliche Wahrnehmung der Natur und der Jahreszeiten

Im Vergleich zur Stadt bietet die Natur den Jugendlichen einen interessanten, wenn auch für ihn zunächst reizarmen Rahmen und gibt ihm die Möglichkeit, sich stärker auf die eigene Person, auf die Gruppe und auf das Wesentliche zu konzentrieren. Die gängigen Ablenkungungen wie Fernseh-, Video-, und Computerspiele fehlen, sodaß die Auseinandersetzung mit der Natur, mit der Gruppe und mit sich selbst notwendig wird. Ein großer Vorteil der einzelnen erlebnispädagogischen Maßnahmen gegenüber einem längeren Einzelprojekt ist das ganzheitliche Wahrnehmen der Natur und der Jahreszeiten. Die Jugendlichen erleben und spüren die Kälte im Winter, den regnerischen Frühling, u.s.w. intensiv am eigenen Leib. Die Begegnung mit den Lebenselementen Wasser, Feu¬er, Himmel und Erde ermöglichen ursprüngliche und primäre Erlebnisse.

 

•  geben dem Jugendlichen direkt Rückmeldung über sein Handeln

Viele Jugendliche suchen Situationen, in denen sie mit ihrem Handeln bleibenden Eindruck hinterlassen. Sie legen Wert darauf, daß ihre Handlungen direkte Wirkungen zeigen. Als negatives Beispiel ist das Besprühen von Hauswänden, das Beschädigen fremden Eigentums anzuführen. In den erlebnispädagogischen Projekten erhält der Jugendliche eine direkte Rückmeldung über sein Handeln. Er bekommt dies nicht in Form eines Zeugnisses bestätigt, sondern erkennt selber den direkten Erfolg oder Nichterfolg seiner Handlung. Ein nicht sorgfältig aufgebauter Unterschlupf aus Tannenzweigen wird das Regenwasser nicht abhalten und vielleicht einstürzen. Der Jugendliche wird nachts bei einem Freund um Unterschlupf bitten müssen oder eine schlaflose Nacht verbringen.

 

•  versuchen den Mangel an Sorgfalt der Jugendlichen in planvolleres Tun zu verwandeln

Auf die Funktionstüchtigkeit und Vollständigkeit der Ausrüstung zu achten gehört zu den wichtigen Voraussetzungen, um die erlebnispädagogischen Projekte ohne größere Komplikationen bestehen zu können. Ein unüberlegtes „Draufloshandeln“ hat meist zur Folge, daß Entbehrungen oder das Ertragen der Konsequenzen in Kauf genommen werden müssen.
So ließen z.B. im ersten Projekt einige Jugendliche ihre Schuhe über Nacht im Freien liegen, die durch den einsetzenden Regen völlig durchnäßt wurden. Im zweiten Projekt schilderte mir einer der Jugendlichen, daß es das Beste an dem zweiten Projekt wäre, daß er diesmal trockene Füße hätte. Eine Verhaltensänderung in dem Sinn: "Erst überlegen, dann handeln!"; wird auch mit den verschiedenen Problemlöseaufgaben zu erreichen versucht, da z.B. beim Piranhafluß ein fehlerhaftes Vorgehen, ein unüberlegtes Handeln das sofortige Erblinden der betreffenden Person zur Folge hat.

 

 

4.2.  Mit den verschiedenen Erlebnis- und Abenteuerprojekten sollen folgende  Ziele verfolgt werden:

 

Ziele für die Persönlichkeitsentwicklung

•  Enwicklung eines positiven Selbstbildes
•  Erwerb von Selbstvertrauen durch persönliche und soziale Erfolgserlebnisse
•  Abbau von (Zukunfts)-Ängsten
•  Kennenlernen eigener Schwächen
•  Entdecken eigener Ressourcen und Förderung dieser
•  Verbesserung des Selbstkonzepts und der Selbstkontrollekontrolle
•  Entwicklung von Verantwortung für eigenes Handeln
•  Förderung der Entscheidungsfähigkeit
 u.a.

 

Ziele im Sozialverhalten

•  Steigerung der allgemeinen sozialen Kompetenz
•  Steigerung der Kommunikationsfähigkeit
•  konstruktiver Umgang mit Konflikten
•  Entwicklung von Sensibilität für eigene Bedürfnisse und die der anderern
•  Erleben von Gruppe als Ort von Sicherheit, Gemeinschaft und Geborgenheit
 u.a.

 

Verbesserung naturtechnischer Fertigkeiten

•  Aneignen von Wissen (Navigation, ökologische Zusammenhänge) und technisch Fertigkeiten (Umgang mit Karte und
   Kompaß, Paddeltechnik)
•  Sich einlassen auf Unbekanntes und dabei bestehen

•  Vermittlung von Ökologie und Lebensstil

•  Ganzheitliches Wahrnehmen von Natur und Schöpfung
•  Kennenlernen von Alternativen zu konsumorientierten Freizeitinteressen und Lebensvorstellungen
 u.a.

 

 

4.2.  für die erlebnispädagogischen Projekte des  Kinderzentrums St. Vincent  gelten folgende  methodische Prinzipien:

 

•  Herausforderung und Grenzerfahrung:

Jede Aktivität ist eine Aufgabe, deren Erfüllung aus der subjektiven Sicht der Teilnehmer zwar als schwer, nicht aber als unüberwindlich angesehen wird. Dabei machen sie aufgrund physischer und psychischer Belastungen immer wieder neue Grenzerfahrungen, wobei sie Ängste und Widerstände verarbeiten müssen. Gerade in solchen Situationen lernen sie sich selbst mit ihren Fähigkeiten und Eigenschaften kennen.

 

•  Rücksichtnahme auf das schwächste Glied

Die Teilnehmer planen und beginnen gemeinsam das Projekt und erreichen gemeinsam als Gruppe das Ziel. Es ist Aufgabe der Gruppe, Schwächere unter ihnen zu stützen, um gemeinsam und gleichzeitig dieses Ziel zu erreichen. Herausragende Einzelleistungen werden dann anerkannt, wenn sie in der Gruppe integriert sind, d.h. kräftige und ehrgeizige Jugendliche werden darauf aufmerksam gemacht, daß sie z.B. beim Bergwandern ihre Stärke nicht durch voreiliges Gipfelstürmen demonstrieren können, sondern durch ein unterstützendes Tragen der Ausrüstung eines anderen schwächeren Jugendlichen. So bestimmt der physisch schwächere Jugendliche den Rhythmus der Gruppe, was nicht selten für den physisch stärkeren Jugendlichen eine ungewohnte psychosoziale Herausforderung ist.

 

•  Initiativspiele und Problemlöseaufgaben

Die einzelnen, verschiedenen Projekte sind so gestaltet, daß sie neben einer festen, in sich geschlossenen Aktion den Teilnehmern noch eine Fülle von Aufgaben anbieten, die es zu bewältigen gilt. Hierbei handelt es sich um initierte Interaktionsspiele und Problemlöseaufgaben, die gezielt für die Jugendlichen und Erzieher in einer bestimmten und geplanten Situation eingesetzt werden.

 

So hatten die Teilnehmer des ersten Projektes neben dem Orientierungsmarsch mit Karte und Kompaß und anschließender Übernachtung mitten im Wald, noch die Aufgabe einen fiktiven Piranhafluß zu überqueren. Die Lösung der komplexen Aufgabe war notwendig, um an die Wegbeschreibung zur Bärenhöhle und zu den ersehnten Schatzplänen zu gelangen.
Diese Aufgabe forderte speziell die Zusammenarbeit, die Diskussionsfähigkeit, den Abbau von Berührungsängsten und das Erlernen von Problemlösestrategien in der Gruppe.

 

•  New Games

In den einzelnen erlebnispädagogischen Projekten ist es eine Aufgabe für uns nicht nur für die jugendliche Abenteuerlust zu sorgen, sondern auch auf die vorhandenen Spielbedürfnisse der Teilnehmer einzugehen. Mit verschiedenen aktiven und ruhigen Bewegungsspielen haben die Jugendlichen und die Betreuer die Möglichkeit, zu einer Spielgemeinschaft zusammen zu wachsen. Man kommt gemeinsam in Bewegung, hat vor allem viel Spaß dabei, spielt mit Körpereinsatz und es gibt keine einzelnen Gewinner, Verlierer und Außenseiter. Neben der intensiven Körpererfahrung verbreiten die New Games eine phantastische, mitreißende und lockere Stimmung. Diese gemeinsame, positive und offene Grundstimmung ist vor allem dann wichtig, wenn es darum geht, psychisch schwierige Situationen zu meistern, beispielswiese das Verbringen eines Wochenende bei Kälte und Nässe im Wald.

 

•  Gruppenselbststeuerung

Die Jugendlichen werden während der Vorbereitung des Projektes, nachdem sie sich für eine Grundstruktur entschieden haben, aufgefordert, sich über den Ablauf Gedanken zu machen, Wünsche zu formulieren und diese schriftlich auf Plakaten zu fixieren. Danach kann die detailierte Planung über Inhalte und pädagogische Zielsetzung erfolgen.

 

Während der Projektplanung wird speziell auf die Wünsche der Jugendlichen eingegangen und versucht, diese im Rahmen der Maßnahme zu integrieren. In der Vorbereitungsphase übernehmen die Jugendlichen, jeder in einem Teilbereich, die Verantwortung und kümmern sich aktiv um die Gemeinschaftsmaterialien und die Essensversorgung. Was die Vollständig-, Zweckmäßig- und Ordnungsmäßigkeit der persönlichen Ausrüstung- und Bekleidungsgegenstände betrifft, so ist jeder Teilnehmer für sich selber verantwortlich.

 

Die Selbststeuerung der Gruppe kommt vor allem bei der Projektdurchführung zum Tragen. Hier wird neben der Eigeninitiative, der Eigenverantwortung und Entscheidungsfähigkeit auch die Gruppenverantwortung herausgefordert. Die einzelnen Projekte sind so konzipiert, daß die darin enthaltenen Aufgaben vor allem hohe Anforderungen an die demokratischen Fähigkeiten und an das Sozialverhalten der Gruppe stellen. Den Teilnehmern werden Entscheidungen überlassen, die sie gemeinsam verantworten müssen.

 

Deutlich wurde dies während des zweiten Projektes, nachdem sich die Teilnehmer auf einen gemeinsamen Marsch zum Zielort geeinigt hatten, sich unterwegs aber niemand für die richtige Streckenführung verantwortlich zeigte. Einer lief dem anderen hinterher, ohne sich größere Gedanken über die Richtigkeit des Weges zu machen. In Folge dessen mußte ein längerer Weg in Kauf genommen werden.

 

Auch müssen unterschiedliche Interessen und Erwartungen permanent abgestimmt werden. Sei es nun, ob man sich beim Orientierungsmarsch nur auf den Kompaß verläßt und eventuelle Abweichungen, Verfehlen der Hütte etc. in Kauf nimmt, oder ob man lieber auf Nummer sicher geht und das zeitaufwendigere Mitkoppeln und Abgehen der Waldwege miteinbezieht. Hat sich die Gruppe z.B. für ein einheitliches Bewältigen der Wegstrecke entschieden, so muß jeder die Konsequenzen einmal getroffener Entscheidungen mitverantworten.

 

•  Vielfaltige Angebote

Durch die Vielfalt der verschiedensten Projekte kommt jeder Jugendliche in Situationen, in denen er sich besonders bewähren muß, oder aber an seine individuellen Grenzen stoßen kann. Dies geschieht auf vielfältige Weise im sportlichen, sozialen, kreativen oder organisatorischen Bereich.

 

•  Ernstsituation

Alle Lernsituationen wie z.B. Paddeltechniken, Segel setzen, sind nicht "aufgesetzt", sondern notwendig, um beim Kanufahren oder im Segelmanöver richtig handeln zu können. Keiner kann sich der Verantwortung für die anderen und für sich selbst ohne erkennbare Folgen entziehen. Auch kann der Jugendliche einen direkten Zusammenhang zwischen seinem Verhalten und seinen Folgen erkennen. Achtet der Jugendliche nicht auf seine persönlichen Ausrüstungsgegenstände, so muß er in der Nacht z.B mit einem feuchten Schlafsack vorlieb nehmen.

 

•  die Jugendlichen und Betreuer lösen gemeinsam die ihnen gestellten, gleichermaßen unbekannten Aufgaben

Außer dem äußeren, groben Rahmen, z.B. Navigationsmarsch mit Übernachten im Wald und ihre geäußerten Wünsche ist den Jugendlichen wie Betreuern gleichermaßen über den einzelnen Ablauf nichts bekannt. Die Detailplanung, die genaue Erkundung des Durchführungsortes, die Organisation, Wahl der einzelnen erlebnispädagogischen Methoden, wird bewußt dem „Leiter“ überlassen.

 

Der Betreuer erhält die gleichen Informationen und hat somit keinen Wissensvorsprung, was den Ablauf des Projektes betrifft.
Beide "Parteien" begeben sich in eine für sie unbekannte, aber reizvolle und spannende Situation. Die Jugendlichen und ihre Betreuer erfahren, erleben und durchleben gemeinsam subjektive Gefahren und Ängste, die sie für sich und in der Gruppe zu meistern versuchen.

 

So bieten die einzelnen, mehrtägigen, erlebnispädagogischen Projekte beiden die Chance, sich ganzheitlich wahrzunehmen. Der Jugendliche erlebt seinen Betreuer ganzheitlicher,  eventu¬ell auch verletzlicher als sonst. Er hat so auch die Möglichkeit, dem Erwachsenen genau auf die Finger zu schauen, zu beobachten auf  welche Weise dieser mit der gleichen, für ihn ebenfalls neuen Situationen umgeht. Der Jugendliche hat somit meines Erachtens eher die Chance, am Modell des Erwachsenen zu lernen.

 

Auch die Erwachsenen haben die Möglichkeit, sich neu und anders zu erfahren und sich vielleicht gleichermaßen mit zu verändern.  Die erlebnispädagogischen Projekte des Kinderzentrums St. Vincent bieten somit dem Betreuer und dem Jugendlichen die Möglichkeit, sich auf einer anderen Ebene zu begegnen, sich anders wahrzunehmen und zu erleben als im „üblichen“ Heimalltag. Für die Betreuer der Gruppe 10 stellen die erlebnispädagogischen Maßnahmen gleichzeitig ein zusätzliches diagnostisches Mittel dar. Sie können gezielt die Jugendlichen beobachten und den jeweiligen Stand der Entwicklung mit den Beobachtungen im Heimalltag vergleichen.

 

 

4.3.  Beschreibung der bereits durchgeführten Projekte

 

In den nachfolgenden Ausführungen verzichte ich auf die nochmalige Aufzählung von einzelnen Zielen und methodischen Prinzipien der erlebnis- und abenteuerpädagogischen Projekte des Kinderzentrums St. Vincent. Diese erwähnten pädagogische Ziele und Methoden sind in jedem einzelnen Projekt vorhanden. Sie werden gezielt gewählt, auf jedes einzelne Projekt und auf die Ressourcen der Jugendlichen abgestimmt.

 

 

New Games - Initialveranstaltung am 12.10.93

Die erste Veranstaltung im Rahmen der erlebnispädagogischen Maßnahmen, stellte einen Informationsabend verbunden mit vielen New - Games und Initiativspielen, in der Turnhalle des Kinderzentrums dar.

 

Ein Ziel dieser Veranstaltung war, die Jugendlichen für die Erlebnis- und Abenteuerprojekte zu interessieren und motivieren und sie bewußt auf die längerfristigen Maßnahmen vorzubereiten und einzustimmen. Die Projekte sollten für sie einen freien, abenteuerlichen und reizvollen Rahmen darstellen, bei denen es sich lohnt, sich einzulassen und offen zu sein für etwas Neues. Neben der  Motivationssteigerung, an den Projekten teilzunehmen und den ersten Informationen erhielten die Jugendlichen Raum und Zeit, Wünsche und Fragen zu äußern und sich an der Planung und Gestaltung zu beteiligen.

 

Die Initiativübung und die verschiedenen New Games hatten das Ziel, die teilnehmenden Jugendlichen und Betreuer zu einer gemeinsamen Spielgemeinschaft zusammenwachsen zu lassen. Im Vordergrund standen dabei Spiel, Spaß und Spannung und ein gemeinsames Spielerlebnis, bei dem weder Gewinner noch Verlierer gab. Die Jugendlichen erlebten ihre Betreuer als gleichwertige Mitspieler und lösten mit ihnen z. B. die Aufgabe, sich der Größe nach auf einem Schwebebalken zu ordnen. Neben einer konstruktiven Gruppenlösung, worin die Jugendlichen die Notwendigkeit von Kooperation und individueller Initiative erfuhren, hatte diese Aufgabe zudem das Ziel, eventuelle Berührungsängste unter den Teilnehmern abzubauen.

 

 

I. Projekt am 23.10. - 24.10.93:

Orientierungsmarsch - Übernachten mitten im Wald - Schatzsuche

Nachdem die Jugendlichen und ihre Betreuer an einen für sie unbekannten Ort gebracht wurden, erhielten sie die Aufgabe, den genauen Standort auf der Landkarte festzustellen. Danach wurde jeder in die Navigation mit Karte,  Kursdreieck und Kompaß eingewiesen.

 

Ziel des Orientierungsmarsches war eine etwa vier Kilometer entfernte, mitten im Rufenrieder Wald gelegene Hütte, die es genau zu erreichen galt. Nach einer kurzen Proberunde gab ich die Verantwortung für die richtige Navigation an die Gruppe weiter, die sich von diesem Moment an selbst und eigenverantwortlich steuern. So mußten die Teilnehmer Wegverläufe überprüfen und mit der Karte vergleichen, um einen genauen Ausgangspunkt für weitere Peilungen zu erhalten. Einfaches "Draufloslaufen" mit der richtigen Magnetkompaßzahl,  aber mit dem falschen Ausgangspunkt, hätte zweifellos ein nicht mehr kontrollierbares Durcheinander und letztendlich ein Verfehlen der Hütte zur Folge gehabt.

 

Abwechselnd bestimmte jeder der Jugendlichen die Gehrichtung mit dem Kompaß. Je nachdem wo sich der "Navigator" der Gruppe befand, mußten sich die restlichen Jugendlichen nach ihm richten. So passierte es, daß einige schon ein Stück in die vermeindliche Ost - Richtung voraus gingen. Keiner rief die "Falschgeher" zurück. Von sich aus korrigierten sie ihren eingeschlagenen Kurs, als sie sahen, daß der Jugendliche mit dem Kompaß eine andere Richtung einschlug.
Der geplante Aufenthaltsort war eine winzig kleine, etwa 13 qm große Hütte, die weder Strom, Wasser, noch eine Heizung hatte. Allein der Anblick dieser Hütte und die Faszination des Waldes genügte, um die Jugendlichen, selbst nach dem anstrengenden Marsch mit Rucksack und Gepäck, aktiv werden zu lassen und sich den Nachmittag selbst zu gestalten.
Aus herumliegenden Ästen und Tannenzweigen wurden eigene Biwak- ähnliche Unterkunftsmöglichkeiten für die Nacht gebaut. Andere Jugendliche richten es sich unter einer Zeltplane "gemütlich" ein. Ein Pfeil und Bogen wurde gebastelt, der neue Lebensraum erkundet, ein Feuer entfacht, und sich aktiv mit den schwierigen und primitiven Bedingungen auseinander gesetzt.

 

Am nächsten Morgen standen neben einigen New Games, vor allem komplexe Problemlöseaufgaben auf dem Programm. Ein fiktiver Piranhafluß mußte gemeinsam überwunden werden, um an die verschlüsselte Schatzkarte zu gelangen. Das gemeinsame Ziel, das Auffinden des versteckten Schatzes in der Bärenhöhle konnte nur mit dem Einsatz der gewonnenen navigatorischen Kenntnissen gefunden werden.

 

Laut Abschlußfragebogen antworteten die Jugendlichen auf folgende Fragen:

 

Frage: Schildere kurz, wie hat Dir das Wochenende gefallen?

•  "Alles gut, außer daß es geregnet hat und matschig war."
•  "Der Weg zur Hütte mit dem Peilen und der Weg zur Bärenhöhle"
•  "Es war Super"
•  "Gut, Geil, Super"
•  "Mir hat das Wochenende gut gefallen, bis auf das Wetter"
•  "Mir hat das Wochenende sehr gut gefallen, weil da die volle affengeile Action war,  mit Schatzsuche und einem halben Überlebenstraining"


Frage: Was war für Dich der Höhepunkt des Wochenendes?

•  "Das Feuer und das Peilen"
•  "Die Übernachtung und das Häuschen bauen"
•  "Die Übernachtung im Wald"
•  "Alles, aber am besten war die Übernachtung und die Schatzsuche"
•  "Das Peilen mit dem Kompaß und die Landkarte"
•  "Der Höhepunkt dieses Wochenendes war die Hütte und die Höhle suchen"
•  "1. Das ich die Hütte als ersters gefunden habe 2. Einfach alles! Der Donnerbalken"

 

 

II. Projekt am 04.12. - 05.12.93:
Rucksackwanderung über 27 km - Übernachten in einer Jurte - Spiele, Aufgaben und ein Bewegungsparcour

Nach Bekanntgabe des genauen Zielortes, ein Kieswerk in der Nähe von Sarching, teilten sich die Jugendlichen in drei Kleingruppen auf, überlegten sich einen möglichen Weg und stellten ihren Wegvorschlag im Plenum vor. Nach einer Abstimmung entschieden sie sich für den längeren, aber ihrem ersten Empfinden nach schöneren Weg entlang der Donau.
Nach den ersten fünf km zeigte sich unter den Jugendlichen niemand für die korrekte Strecke verantwortlich und einer lief dem anderen nach. Aus den geplanten 11 km Wandern mit schwerem Gepäck wurden ca. 16 km, bis die Kiesgrube mit über zwei Stunden Verspätung erreicht wurde. Die herannahende Dämmerung und die "wacklige" Wetterlage genügte, daß alle, trotz der Blasen an den Füßen, der Abgeschlagenheit und ohne daß viele Worte darüber gesprochen wurden fleißig mithalfen. Die komplizierte Jurte konnte erst nach einigen Fehlversuchen aufgestellt werden, das Feuerholz mußte für die ganze Nacht besorgt, das Feuer entfacht und in Gang gehalten werden. Nach dieser reichlichen Anstrengung stellten wir fest, daß der mitgenommene Gaskocher für das Zubereiten des Abendessens nicht genügend Hitze abgab. Es blieb uns nichts anderes übrig, als die wenigen Nürnberger Bratwürtchen zu teilen und diese am Lagerfeuer zu grillen. Danach gesellten wir uns um das Lagerfeuer, kuschelten uns in die Schlafsäcke und machten es uns gemütlich. Die Nacht über konnten die meisten Jugendlichen wegen der anhaltenden Kälte nicht schlafen.Der nächste Vormittag galt vornehmlich einigen New Games und verschiedenen Initiativspielen und Problemlöseaufgaben. Ziel des Vormittages war das gemeinsame Bewältigen eines Bewegungsparcoures, der mit verschiedenen, reizvollen Aufgaben bestückt war.

 

Laut Abschlußfragebogen antworteten die Jugendlichen auf die Frage:


Frage: Sehr gut kann ich mich noch erinnern, an

•  "meine Blase, das Schloß, die Spiele und vieles mehr"
•  "an die Spiele"
•  "das Lagerfeuer im Zelt, die Spiele und die Hunde"
•  "an die Übernachtung im Freien ,die Spiele, eigentlich an alles"
•  "die Nacht, die Spiele, das Wandern"
•  "das Lagerfeuer mit den Würstchen"
•  "an den langen Weg zum Kieswerk"

 

Frage: Was Deine wichtigste Erfahrung am Wochenende?

•  "In der Nacht draußen zu schlafen"
•  "Mann muß hart bleiben beim Überleben"
•  "Die Nacht"
•  "Das wir alle zusammenhelfen müssen, sonst geht nichts!"
•  "Teamwork"
•  "Draußen schlafen, wenn es auf einmal regnet"
•  "Das man nicht lügen sollte!"

 

 

III. Projekt am 26.02. - 27.02.94
kurze Trekkingtour zur Hütte - Bau einer Dampfsauna - Nachtwanderung zur Burgruine Ehrenfels - verschiedene Initiativspiele und New Games - Abseilen aus dem ersten Stock der Hütte

Mit schwer beladenen Rucksäcken erreichten wir mittags, nach einer Trekkingtour durch den Buchenrieder Forst, unsere idyllische Selbstversorger Hütte. Die ersten Stunden, die zur freien Verfügung standen, nutzten die Jugendlichen um im Wald ihr Zelt aufzuschlagen, oder eigene Hütten zu bauen. Danach trafen wir uns zu einer Kontraktphase, besprachen den Programmablauf des nachmittages und machten uns gemeinsam an die Planung des Projektes: "Wir bauen uns eine Dampfsauna". Übereinstimmend kamen wir zu dem Entschluß, daß es wohl effektiver wäre, uns in die Arbeitsbereiche: "Lagerfeuer, Steinbeschaffung und Saunabau" aufzuteilen. Dank "perfekten Teamworks", wie es die Jugendlichen nannten, saßen wir bereits 1 1/2 Stunden später in der Dampfsauna, gossen das Wasser über die glühenden Steine und erreichten nach mehreren Durchgängen eine Höchsttemperatur von +32 ° C. Richtig Action und Nervenkitzel brachte die nächtliche Verfolgungsjagd (4 km) durch den Buchenburger Forst zur Ruine Ehrenfels. Jeder der Teilnehmer war mit einer Taschenlampe ausgerüstet, wir teilten uns in zwei Gruppen und jedes Team war verpflichtet alle vier Minuten mit der Taschenlampe drei "Rundum Lichtsignale" abzusenden, um so seinen aktuellen Stand im Wald anzukündigen. Die Mitspieler aus der zweiten Gruppe versuchten nun,  das Team noch vor der Burg  zu erwischen. Die Überraschung und Spannung, das plötzliche Aufblitzen der feindlichen "Stämme" im stockfinsteren Wald zu lokalisieren, war natürlich riesig.
Nach der Erkundung der Burgruine im Scheinwerferlicht und dem Verzehr von mitgebrachten Nürnberger Bratwürstchen, genossen wir zum nächtlichen Ausklang das sanfte New Game: "Ein Solo für den Tischtennisball" in Begleitung von Meditationsmusik. Danach wanderten wir unter Fackeln zurück zur Hütte, die wir gegen Mitternacht erreichten.
Am frühen Sonntag Vormittag, die Betreuer schliefen noch, entfachten die Jugendlichen aus der Glut vom Vortag ein Lagerfeuer und vertilgten begeistert die restlichen Würstchen. Nach einem gemütlichen Frühstück begannen wir den Tag mit einigen "Guten-Morgen-New-Games" und dem Säubern der Hütte und Waldlichtung. Der Höhepunkt des Sonntags war nach der Einführung in die Klettergurte und Knotenkunde das Abseilen aus dem ersten Stock der Hütte mit dem Thema: "Sichern, Verantwortung für andere übernehmen und gesichert werden, jemanden vertrauen schenken." Das Projekt: "Dampfsauna" entstand, da es im Februar nicht wie geplant möglich war, das Projekt: "Übernachten im Iglo", wegen der zu hohen Außentemperaturen zu unternehmen.

 

Laut Abschlußfragebogen antworteten die Teilnehmer auf die Frage:


Was war Deine wichtigste Erfahrung am Wochenende?

•  "Die Nachtwanderung".
•  "Das sich immer viele streiten und wenn jemand etwas erklärt, immer jemand  dazwischen redet".
•  "Das man sich auf andere verlassen kann (Abseilen)".
•  "Zusammenhalten und Zuhören ist wichtig".
•  "Man kann mit geringem Einsatz viel erreichen, wenn alle  zusammenhalten und  mitmachen".
•  "Das wir alle aufpassen müssen".

 

 

IV. Projekt am 07.04. - 10.04.94
vorläufige stichprobenartige Planung und Zielsetzung:

Radtour über 150 km von Regensburg zum Silbersee - Übernachten in Zelten, oder in einfachen selbstgebauten Unterkünften - Selbstverpflegung mit ausgezahlten Verpflegungssatz -  Grillen eines Spanferkels am Strand - Brief an sich selbst

 

1. Vorbereitungsphase am 11.03.94
•  Vorstellen des geplanten Projektes
•  Förderung der Motivation durch herausfordernde Darstellung
•  Sichtung der Landkarten, Bekanntgabe des Zielortes
•  Raum und Zeit für Wünsche und Fragen, was das Radprojekt betrifft
•  Blitzlicht: Jeder berichtet, ob er im Besitz eines Fahrrades ist und wie es mit dessen Funktionstüchtigkeit und Verkehrtauglichkeit steht
•  Verteilung der Verantwortlichkeiten, wie Zelt, Kocher, ... besorgen

 

2. persönliche Vorbereitungsphase am 21.03.94
•  konkrete Planung der Strecke anhand des Kartenmaterials (Meidung aller Bundesstraßen und vom Güterverkehr betroffenen Verkehrswege)
•  komplette Erkundung der Strecke mit dem Auto
•  Klärung von Zwischenübernachtungsmöglichkeiten bei Landwirten
•  Einholung von Genehmigungen, wie z. B. des Wasserwirtschaftsamts Regensburg und vom Bürgermeister in Tegernheim

 

3. Vorbereitungsphase am 06.04.94
•  Vorstellung des konkreten Programms
•  Auszahlung des Verpflegungssatzes für einen Tag
•  Sichtung der jeweiligen Fahrräder
•  Jeder erhält einen Fahrradpaß
•  Raum und Zeit, um individuelle Einstellarbeiten und Reparaturen vorzunehmen
•  Demonstration, mit anschließender gemeinsamer Übung: "Wie flicke ich ein Loch im Schlauch"
•  nochmalige Sichtung des Zielortes und der verschiedenen Streckenabschnitte
•  Gesprächskreis:
   "Welche Probleme könnten unterwegs auftauchen?"
   "Wie können wir sie meistern?"
•  offenes Rollenspiel: "Fahrradtour mit Problemen" (14)
   Fünf Jugendliche und drei ErzieherIn halten mit ihren Fahrrädern an der ersten Kreuzung in Cham.
   Erzieher Andreas: "Wo steckt den eigentlich Axel, Uwe und Jens?
   Einige Jugendliche zucken mit der Schulter
   Mark: "Keine Ahnung?"
   Erzieher Michael: "Ja aber, irgend jemand muß ihn doch gesehen haben?"
   Simon: "Das letzte Mal wo ich ihn gesehen habe, das war an der Bahnunterführung"
   Erzieher Michael: "An der Bahnunterführung, das war ja vor über einer halben Stunde"
   Erzieherin Ursula: "Ja und was war da?"
   Horst: "Ich glaube, der hatte keinen Bock mehr, völlig fertig mit den Nerven"
   Jens: "Ich habe noch gesehen, wie er sein Fahrrad hingeschmissen hat"
   In vertauschten Rollen (die einige Jugendlichen übernehmen die Rolle der Erzieher und umgekehrt) und spontan spielen die Jugendlichen und die Erzieher das Rollenspiel weiter.

 

Weitere Ziele:
•  Proleme die während der Radtour auftauchen können, sind ihnen bereits bekannt
•  Die Jugendlichen können sich bereits im Vorfeld Problemlösestrategien aneignen und in der Situation um einiges gelassener reagieren
•  Förderung der Gruppenverantwortung und keine bloße Abwälzung der Verantwortung an die Betreuer  nach dem Motto: "Jetzt schauen wir mal, wie die Betreuer reagieren?"
•  Auswertung des Rollenspiels und der vorgeschlagenen Lösung
•  Kontraktphase: Gemeinsame Erarbeitung von "Spielregeln", die während der Fahrt gelten.

 


4. Durchführungsphase

 

Radtour von Regensburg zum Silbersee

Neben dem ganzheitlichen Erleben, den genannten methodischen Prinzipien und erlebnispädagogischen Zielen, geht es in dem Projekt "Radtour zum Silbersee" auch darum, daß die Jugendlichen lernen, den Tagesablauf in allen Bereichen eigenverantwortlich zu übernehmen.
Dies kommt vor allem in folgenden Punkten zum Tragen:
•  Tempo, Pausen und das Tagesziel bestimmt die Gruppe gemeinsam
•  Selbstverpflegung mittels ausgezahlten Verpflegungssatz
•  Unterkunft im mitgebrachten Zelt, oder im selbstgebauten Biwak

 

Die Jugendlichen können im IV. Projekt vor allem lernen:

•  radelfreie (arbeitsfreie) Zeit bedeutet nicht nur Freizeit, sondern viele Routinetätigkeiten müssen erledigt werden (Einkauf, Kochen, ...)
•  für den Zeitraum eines Tages ihr Geld einzuteilen und    Bedürfnissbefriedigungen und Verlockungen (Imbissbude, ...) zu   bestehen
•  was die unterschiedlichen Lebensmittel kosten und was sie sich alles, 
   oder nicht, leisten können
•  individuelle Verpflegung mittels Campingkocher und Kochset bedeutet pfleglich damit umgehen und auf Funktionstüchtigkeit achten
•  Kochen im Zusammenschluß bringt mehr Vielfalt in die Küche, bedeutet aber auch Absprachen und Arbeitsteilung
•  Grundregeln des Verhaltens im Straßenverkehr erstellen und auf dessen Einhaltung achten
•  Zum Vergnügen und zum Gelingen einer Radtour gehört auch eine detailierte Vorplanung
•  auftretende Probleme lassen sich lösen


5. Reflexionsphase ca. 1 Woche später

•  Gemeinsame Betrachtung der Videoaufzeichnung
•  Ausfüllen des Reflexionsfragebogen
•  gemütliches Beisamensein mit Ausfüllen des eigenen Projekttagebuches

 

Weitere Projekte sind für das Jahr 1994 geplant:

•  Kanadierwanderung auf dem Regen
•  11tägiger Segeltörn auf der Ostsee
•  Iglu-Bauen und Übernachten darin
•  Orientierungsmarsch mit Survivaltraining
•  Höhlenwanderung

 

 

4.0 Die notwendigen Qualifikationen und Persönlichkeitsmerkmale / pädagogische Haltung des Erlebnispädagogen

 

Betrachtet man die Wege der älteren Erlebnispädagogen zu ihrer Profession, läßt sich eindeutig kein gemeinsames, spezifisches Anforderungsprofil erkennen. Nach wie vor kommen Erlebnispädagogen aus den unterschiedlichsten Schulen, Richtungen und Strömungen. Bergführer, Kapitäne, Höhlenforscher, "jeder ein Profi" auf seinem Gebiet, bietet ebenso erlebnispädagogisch orientierte Projekte an, wie mancher Heimerzieher, der mit "seinen" Jugendlichen in See sticht, auf Berge klettert und sich in Höhlen wagt. Gemeinsam haben sie, daß sie alle von ihrer iniziierten Methodik und dessen pädagogischer Wirksamkeit überzeugt sind. So gibt es meines Erachtens auf dem "Markt der pädagogischen Praxis" genügend Maßnahmen, die ich als puren "Aktionismus" oder als "gehobene Freizeitveranstaltungen" bezeichnen würde. Dies liegt vor allem daran, daß es bis jetzt noch keine allgemeinverbindliche Definition von Erlebnispädagogik gibt und das Berufsbild Erlebnispädagoge(in) noch nicht einheitlich definiert ist.


Wenn die Erlebnispädagogik zunehmend ihren geschichtlichen Hintergrund, die  Gesellschaftskritik der Reformpädagogik, das Lebenswerk von Kurt Hahn (15) und ihr pädagogisch und erzieherisches Potential vergißt, läuft sie Gefahr, wie schon geschehen, mißbraucht zu werden. "Neuere erste Untersuchungen auf diesem Gebiet zeigen auf, wie rechte Jugendgruppen erlebnispädagogische Methoden für ihre Zwecke instrumentalisieren: Jugendliche, aufgrund von zivilisatorischer Erlebnisarmut auf der Suche nach Action und Abenteuer, werden ganz bewußt geködert durch Zelt- und Lagerfeuerromantik, Natur- und Gemeinschaftserlebnisse, paramilitärische Spiele im Wald u.ä., um sie dann erst, in einem zweiten Schritt, den dubiosen Zielen zu verpflichten. Von diesen Gefahren des Mißbrauchs sollten Erlebnispädagogen wissen, um sie zu durchschauen bzw. aufzudecken." (Güntner, 1994, 34)

 

Um dem Eindruck, es genüge Offenheit für Innovationen, kombiniert mit einer soliden sozialpädagogischen oder heilpädagogischen Ausbildung entgegen zu treten, präsentierte Nickolai auf der Baader Tagung ein differenzierteres Statement: "Erlebnispädagogen müssen Experten sein für das Medium, das sie anbieten, sie bedürfen einer pädagogischen Qualifikation, deren Umfang und Intensität davon abhängt, mit welchem Personenkreis sie arbeiten..., je schwieriger das Klientel, desto qualifizierter die Ausbildung. Führt man sich vor Augen, aus welchen gesellschaftlichen Gruppen sich das Klientel zusammensetzt, scheint es einleuchtend, daß nicht für alle Jugendlichen sämtliche Anforderungsmerkmale an den Therapeuten erfüllt sein müssen. Lehrlinge, Kinder, Jugendliche, Insassen einer Strafanstalt, verschiedene Geschlechter fordern individuelle, professionelle Voraussetzungen des Erlebnispädagogen.

 

Grundsätzlich läßt sich folgende Aussage machen: je schwieriger das Klientel, desto qualifizierter die Ausbildung, z. B. Jugendgruppenleiterausbildung für die Kolpingsjugend, aber heilpädagogisches Studium für schwer verhaltensauffällige Kinder.

 

Im Laufe der Zeit haben sich aus den Bemühungen, die Tätigkeit des Erlebnispädagogen zu charakterisieren, zwei Strömungen entwickelt, die von unterschiedlichen Anforderungsprofilen des Erlebnispädagogen ausgehen.
Zum einen gibt es das amerikanische Modell: (Vertreter Simon Priest), mit den eher technokratisch wirkenden Anforderungsmerkmalen:

•   instrumentell-technische Fertigkeiten
•  Sicherheitstechniken
•  Organisationskompetenz
•  Verhalten in der Natur
•  Anleitungstechniken
•  Gruppenleitungsverhalten
•  Problemlösefähigkeit und Entscheidungsvermögen
•  Fähigkeit zu motivieren und zu interessieren
•  körperliche Fitness
•  ausgewogene Selbsteinschätzung
•  Selbstbewußtsein und Einfühlungsvermögen
•  Charakterstärke und entsprechendes Verhalten
•  flexibler Führungsstil
•  Urteilsfähigkeit auf der Basis von Erfahrung
•  analytisches Problemlösen
•  Entscheidungsvermögen und kreatives Problemlösen (Priest 1990, S. 213 ff)

 

Dem gegenüber steht das europäische Modell mit folgenden Anforderungen, die eher auf einer gefestigten, stabilen Persönlichkeit des Therapeuten fußen:

•  Forderung um das Wissen, um die Wirkungszusammenhänge in der  Erlebnispädagogik
•  Wissen um die spezifischen gruppendynamischen Faktoren
•  Wissen über den betreffenden erlebnispädagogischen Raum
•  Wissen und Können im Bereich Reiseorganisation
•  Erfahrung und Fähigkeiten bezüglich Krisenmanagement
•  Fähigkeiten zum Selbstmanagement unter extremen Bedingungen
•  projektspezifisches praktisches Können
•  Führungsfähigkeiten in partnerschaftlichen Strukturen
•  positive Haltung gegenüber Land, Natur und Einheimischen
•  starke und eindeutige, aber einfühlsame Haltung gegenüber Jugendlichen
•  Identifikation mit dem pädagogischen Auftrag
•  natürliche Autorität ( Hufenus 1991, S. 84)

 

Zusammenfassend läßt sich wohl folgende Schlußfolgerung formulieren. Wie auch in anderen Bereichen der Wirtschaft, des öffentlichen Lebens wird sich langfristig auch in der Erlebnispädagogik (ähnlich der Motopädagogik) die Tendenz zur Spezialisierung manifestieren. 


Entscheidend für den Erfolg oder Mißerfolg einer erlebnispädagogischen Intervention ist eindeutig die Persönlichkeit des Therapeuten. Die fundierteste theoretische Ausbildung dürfte sich als wenig effizient erweisen, wenn der Pädagoge nicht über die unbedingt erforderliche nötige Herzenswärme und Emotionalität, Schwung, Begeisterungsfähigkeit, Geduld, Verständnis, Humor etc. verfügt. Denn entscheidend wichtig ist der Mensch, der sich den Jugendlichen zur Verfügung stellt. Jede noch so ausgeklügelte erlebnispädagogische Maßnahme steht und fällt mit dem Erzieher / Pädagogen und seiner Bereitschaft, sich auf die Jugendlichen einzulassen. Und nur wenn er selber mit "beiden Beinen im Leben steht" kann er ihnen Raum und Gelegenheit für menschliche Akzeptanz geben und versuchen, trotz der enormen Schwierigkeiten mit ihnen eine tragende und authentische Beziehung einzugehen. Seine pädagogische Wirksamkeit gründet sich m.E. vor allem aus der eigenen Persönlichkeit - seine Eigenheiten, Grenzen und Leistungen müssen für die Jugendlichen erkennbar sein - und der Fähigkeit, eigene Probleme lösen zu können. Diese Eigenschaften sind meiner Meinung nach die wichtigsten Voraussetzungen überhaupt.

 

 

6.0. Der Einfluß der Persönlichkeit des Erlebnispädagogen auf die Sicherheit am Beispiel eines Erlebnispädagogischen Projektes auf dem Segelschiff


Sicherheit an Bord eines Segelschiffes ist nicht nur eine Frage der Konstruktion  - ( der Kenter- und Sinksicherheit, der Fähigkeit eines Schiffes hoch am Wind zu segeln, u.s.w.) und der Sicherheitsausrüstung des Schiffes ( Rettungsinsel, Schwimmwesten, Lifebelt, Rettungssignalmittel, u.s.w.), sondern vor allem auch abhängig von den Fähigkeiten und Kenntnissen des Schiffsführers und der sich an Bord befindlichen Seemannschaft . Sicherheit beginnt meines Erachtens im Kopf ( Sicherheitsbewußtsein), wird durch eine gute Seemannschaft in die Tat umgesetzt und läßt sich selbst durch raffinierteste Technik nicht ersetzen. Ein hoher Sicherheitsstandart auf Segelschiffen darf vor allem nicht dazu führen, daß die Beziehung zu den Elementen - Wind und Wasser - verloren geht, und der Schiffsführer sich verleiten läßt, trotz herannahender schwerer See den Hafen zu verlassen. Da in den wenigsten Fällen ein größeres Schiff alleine geführt werden kann, ist der Schiffsführer auf die Mithilfe und Zusammenarbeit der Mitsegler angewiesen. Fachkompetenz alleine, ohne persönliche Ausstrahlung, ohne Wertschätzung der Mitsegler und Einfühlungsvermögen des Schiffsführers, reicht nicht aus, um die Mannschaft unter erschwerten Lebensbedingungen zusammenzuhalten und für einen sicheren Aufenthalt an Bord zu sorgen.Auf mehreren Segeltörns, vor allem als Mitsegler erfuhr ich, daß die Sicherheit auf dem Schiff, sowie das Bordklima maßgeblich durch den Schiffsführer geprägt wird. Er nimmt an Bord die zentrale und bedeutenste Rolle ein. Sein Status gründet sich auf Verantwortung, Erfahrung, Vertrauen, Sach- und Fachverstand. Die Verantwortung für die Sicherheit eines Segelschiffes und ihrer Besatzung sowie die auf dem Schiff getroffenen Maßnahmen und Entscheidungen liegen ausschließlich und bedingungslos in der Hand des Schiffsführers. Er muß nicht nur sicherstellen, daß das Segelschiff seetüchtig ist, sondern auch den Leistungsstand, die Erfahrung und die körperliche und psychische Belastbarkeit der Besatzung einschätzen können.

 

Besonders in schwierigen Situationen muß der Schiffsführer seiner Besatzung ein Gefühl von Sicherheit vermitteln und ihr somit das Vertrauen geben, auch in Extremsituationen durchzuhalten. Dieses Vertrauen erhält er vor allem dann, wenn er den Mitseglern Ruhe und Zuversicht vermittelt, die "Last" einer bedrohlichen Situation auf sich nehmen kann und gleichfalls den Mitseglern Vertrauen entgegenbringt. Meines Erachtens sollte der Schiffsführer eine Atmosphäre schaffen, die eine offene Kommunikation ermöglicht, d.h. daß zwischen Crew und Schiffsführer ein ausgeglichener Dialog entstehen soll, um jedem die Möglichkeit, Rückfragen zu stellen, zu bieten. Ich sehe es als Selbstverständlichkeit an, daß Ängste, Befürchtungen und  Erschöpfungszustände der Besatzung offen angesprochen werden und auf keinen Fall - wie schon mehrmals erlebt - schon im Ansatz bagatellisiert werden.

 

Zu autoritäres Auftreten - nach dem Motto: "Der Kapitän an Bord bin ich!" - überflüssige Kontrollen und ausschließlich kommandierende Anweisungen führen meines Ansicht nach zu einer eher passiven Einstellung der Mitsegler.
Zu autoritäres Auftreten gekopelt mit einer eher passiven Einstellung der Mitsegler baut Verantwortungsbereitschaft ab, unterdrückt gezieltes Nachfragen in unklaren und angstbesetzen Situationen und gefährdet somit die Schiffssicherheit.
Aber auch mangelnde Autorität spricht gegen Sicherheit, da dies leicht die Herausbildung eines zweiten, inoffiziellen Führers fördert.

 

Noch bevor das Schiff das erste Mal den Hafen verläßt, bespreche und verteile ich die Kompetenzen und Aufgaben der Mitsegler, so daß sie möglichst ihren Neigungen und Wünschen entsprechen. Sie sind für ihren Bereich eigenständig verantwortlich und somit maßgeblich am Gelingen und an der Sicherheit des Segeltörns beteiligt. Die Mitsegler haben die Möglichkeit Kompetenzen in verschiedenen Bereichen zu erlangen, während mir diese Arbeitserleichterung hilft, auf Dauer wach und aufmerksam zu sein, um somit Energiereserven für den Notfall zu bewahren.

 

Meines Erachtens zerstört die Sicherheit an Bord keinesfalls das Erlebnis. Im Gegenteil, richtig vermittelt und als selbstverständlich befunden, trägt sie eher zum ganzheitlichen Erleben jedes einzelnen bei. Was wäre eine Atlantiküberquerung ohne intensive Vorbereitung des Schiffes, des eigenen Geistes und Körpers, ohne sich der Gefahr und des Risikos bewußt zu werden? Ein natürliches Sicherheitsverständnis an Bord eines Schiffes, mit verteilten Kompetenzen, trägt nicht selten zu einer Selbstwertsteigerung der Mitsegler bei. So hat im Fall eines Seenotfalles jeder an Bord seine feste Aufgabe zu erfüllen, die ich mindestens einmal praktisch und spielerisch während eines Segeltörns durchführen lasse. Denn, die beste Sicherheit liegt nicht primär im Vermeiden von Gefahren, sondern vielmehr im Lernen des Umgangs mit ihnen. Erfahrungsgemäß bringen vor allem solche präventiven Sicherheitsmaßnahmen und kreativen Problemlösungsaufgaben, Abwechslung in den Segeltörn, bereiten viel Spaß und geben gute Denkanstöße. zum Beispiel:


Das Schiff beginnt zu sinken, was nun?
Mastbruch / Ruderschaden auf hoher See, wie geht es weiter?
Der Schiffsführer fällt ins Meer, was nun?
persönliche Thesen:

1)  Sicherheit beginnt im Kopf (Sicherheitsbewußtsein), wird mit guter Seemannschaft  in  die Tat umgesetzt und läßt sich selbst durch raffinerteste Technik nicht ersetzen

2)  Das Einüben von Notsituationen erhöht den Sicherheitsstandart, steigert das  Bewußtsein für Gefahren und erhöht das ganzheitliche Erlebnis

3)  Die Erkenntnis", daß ich hier ein Risiko eingehe", gekoppelt mit  dem Gefühl   ", ich  weiß was ich tun muß", " ich bin Herr der  Lage", steigert das Erlebnis und erhöht  das Selbstwertgefühl

4)  Bester Garant für die Sicherheit ist die Erfahrung des Schiffsführers/in /  Erlebnispädagogen/in

5)   Beziehungen untereinander (das "Bordklima") spielen eine  wichtige Rolle für die  Sicherheit der Gruppe

6)  In Notsituationen ist es die Aufgabe des Schiffsführers, Ruhe und  Zuversicht zu  vermitteln

7)  Für die Sicherheit ist es wichtig, die Grenzen von Schiff und Besatzung und die  persönlichen Grenzen richtig einzuschätzen  und zu akzeptieren

8)  Verantwortungsübergabe an Jugendliche / die Mitsegler schafft  Sicherheitsreserven gegenüber autoritätsabhängiger Passivität

9)  klare Aufgaben- und Verantwortungsverteilung und deren  Einübung erhöht die  Sicherheit

10)  gründliche Vorbereitung einer erlebnispädagogischen Maßnahme  / eines Segeltörns  schmälert nicht deren Erlebnisqualität, erhöht  aber grundsätzlich die Sicherheit.

 

 

7.0. Schluß

 

Die erlebnispädagogischen Projekte des Kinderzentrums St. Vincent bieten den Jugendlichen, in einer Art pädagogisches Arrangement,  große Chancen in der Entwicklung und Stärkung ihres Selbstwertgefühles. Sie erhalten die Möglichkeit, fehlende Grunderfahrungen mit sich und in ihrer "peer-gruppe" nachzuholen, zu intensivieren oder sich neu bewußt zu machen.

 

Durch ihre charakteristische Art und Weise, wie sie geplant und durchgeführt werden, erlebt der Jugendliche seine Betreuer als gleichwertige Partner. Die Qualität der Beziehung zwischen den Pädagogen und den Jugendlichen kann durch diese Form des intensiven Kontaktes, durch das gemeinsame Lösen verschiedener und unbekannter Aufgaben, das Zusammenwachsen zu einer Spielgemeinschaft, durch das gemeinsame Bewähren subjektiver Gefahren und das gemeinsame Erlebnis, dazugewinnen.

 

Dadurch, daß die Jugendlichen und die Betreuer gemeinsam unbekannte und komplexe Aufgaben lösen, in denen vor allem "Hirn, Herz und Hand" gefragt sind, sich alle gleichsam in Grenzsituationen bewegen, besteht für die Jugendlichen am ehesten die Möglichkeit, am Vorbild des Erwachsenen zu lernen und sich mit ihm zu identifizieren.
Wichtigste Voraussetzung hierfür ist, daß sich beide "Parteien" in der gleichen Ausgangsposition befinden. Das bedeutet, daß es keinen Sinn macht, sich pädagogische Theorien zurechtzulegen, wenn die praktische Ausrüstung der Jugendlichen im Vergleich zu meiner, oder die der Betreuer unzureichend ist, oder die Pädagogen nicht mit dem gleichen Tagessatz an Essensgeld wirtschaften wie die Jugendlichen.

 

Die erlebnispädagogischen Projekte des Kinderzentrums St. Vincent ersetzen keine anderen heil - und sozialpädagogischen Hilfsangebote und keine Therapie, sondern sie entfalten ihre Möglichkeit erst in der Vernetzung aller Hilfsangebote, eben in der Integration in den therapeutischen Alltag des Jugendlichen. Sie bedeuten vielmehr eine weitere Differenzierung der Hilfesangebote für Kinder und Jugendliche, die unter erschwerten Bedingungen aufwachsen. Mit dem erlebnispädagogischen Angebot steigen meines Erachtens die Chancen der Kinder und Jugendlichen, ihr Leben eigenverantwortlicher, selbstständiger und zufriedener in die Hand zu nehmen und ihnen Lust am Leben zu vermitteln.

 

 

Anmerkung des Verfassers der Facharbeit:

Aus Gründen der sprachlichen Flüssigkeit wurde häufig nur die männliche Nennform für beide Geschlechter verwendet. Die Leser und Leserinnen mögen dies bitte nicht als Diskriminierung der Frau werten oder gar als sexistische Schreibweise betrachten.

 

 

8.0. Literaturverzeichnis

 

Ayres, J. (1984). Bausteine der kindlichen Entwicklung; Berlin

 

Behn, S. und Heitmann, H. (1994). Spannung, Abenteuer, Action - Erlebnis- und Abenteuerpädagogik in der Jugendarbeit; 
 IFFJ Schriften 4; Berlin: Kupijai & Prochnow Verlag

 

Berg, L. (1992). Gegen das Teufelchen im Kopf, Eine psychomotorische Behandlung kann hyperaktive Kinder
 zur Ruhe bringen. München: Süddeutsche Zeitung am 01.10.92

 

Bräutigam, W. (1985). Reaktionen - Neurosen - Abnorme Persönlichkeiten,
 Seelische Krankheiten im Grundriß, 5. neube. Aufl.; Stuttgart, New York: Thieme

 

Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit. (1990)  Achter Jugendbericht; Bonn

 

Chargaff, E. zit. in Michl, W. (1990). Schlauchbootfahrt und Höhlentour: "Sich treiben lassen und sich vertiefen" in: Zeitschrift für Erlebnispädagogik 1-90.

 

Flosdorf, P. (1988). Theorie und Praxis, stationäre Erziehungshilfe, Band 1, Konzepte in Heimen der Jugendhilfe Freiburg im Breisgau: Lambertus

 

Fromm, E. (1993). Haben oder Sein, 22. Aufl. Die seelischen Grundlagen einer Gesellschaft; München: Deutscher Taschenbuch Verlag

 

Güntner, H.-D. (1994). Erlebnispädagogik und Sonderschule, In: Zeitschrift für Erlebnispädagogik, Heft 2/3, Lüneburg: Verlag edition erlebnispädagogik

 

Harrer, H. (1993). Die weiße Spinne.  Frankfurt / M., Berlin: Ullstein

 

Heckmair, B. & Michl, W. (1993). Erleben und Lernen,  Einstieg in die Erlebnispädagogik; Neuwied, Kriftel, Berlin: Luchterhand

 

Hufenus, H.-P. (1991). Weiterbildung Erlebnispädagogik. In: Dokumentation der Fachtagung Erlebnispädagogik; Gottlieb-Duttweiler-Institut

 

Kiphard, E.J. (1993). Kinderzirkus. pädagogisch-therapeutische Möglichkeiten. gesammelte Aufsätze, zusammengestellt für die Teilnehmer der Fortbildungsreihe Zirkustraining. Stuttgart: CONCADORA-SEMINARE,   Hopfauerstr. 49,

 

Krug, W. (1993). Entwicklungspsychologie. Unveröffentliches Skript, Fachakademie für Heilpädagogik, Regensburg

 

Lang, T. (1992). Kinder brauchen Abenteuer. in der Reihe "Kinder sind Kinder"  München, Basel: Ernst Reinhardt

 

Merkle, R. (1991). Laß Dir nicht alles gefallen. 3. Aufl.  Mannheim: PAL

 

Mohr-Modes, B. (1993). Sensorische Integration. Unveröffentliches Skript, Fachakademie für Heilpädagogik, Regensburg

 

Priest, S. & Dixon T. (1990). Saftey Practices in Adventure Programming USA: Boulder, Co

 

Redl, F. & Wineman, D. (1990). Kinder die hassen, 4. Aufl.  München, Zürich: Piper

 

Remschmidt, H. (1987). Kinder und Jugendpsychiatrie, 2., neubearb. u. erw. Aufl. Stuttgart; New York: Thieme

 

Satir, V. (1993). Selbstwert und Kommunikation. 11. Aufl. München: J. Pfeiffer

 

Wellenbrecher e.V. (1990). Verein zur Förderung des Segelns als pädagogische Maßnahme. in: Segeln, Pädagogik, Therapie
 Lüneburg: Bonn-Grunwald

 

Wolff, R. (1992). Risikosportarten in der Sozialarbeit, Felsklettern als Erfahrungsraum von Kontrolle und Selbstwirksamkeit
 Frankfurt am M.: Afra

 

Yacht. (1994). Rekordfahrt mit Riesenkat; Bielefeld: Delius Klasing

 

 

 

(1) Die gemeinsamen Vorbereitungen, der Start der Maßnahme und in etwa auch der Ablauf der Projekte sind so aufgebaut, daß sie immer zum gleichen Zeitpunkt beginnen und sich in ihrer Grundstruktur ähneln.  z.B. gemeinsames Frühstück um 08.00 Uhr, Abfahrt um 10.00 Uhr, Erreichen des eigentlichen Standortes bzw. Zieles unter Einsatz des jeweiligen erlebnispädagogischen Mediums, individueller Freiraum, um sich mit der neuen Umgebung vertraut zu machen und um eventuell. eine Korrektur in der "Nähe und Distanz" vornehmen zu können, u.v.m.  Neben diesen strukturierten, fast schon "ritualisierten", Faktoren kommt hinzu, daß die Jugendlichen kontinuierlich von einem Pädagogen betreut werden, während die andere Fachkraft, abwechselnd nach Interessen aus dem restlichen Team teilnimmt.

 

(2) Wo können Kinder und Jugendliche heutzutage noch archaische Erfahrungen mit der Erde, Luft, Feuer und Wasser machen, ohne nicht sofort mit der Polizei, Feuerwehr in Konflikt zu geraten. Einprägende Erfahrungen wie Jagen, Sammeln und Fischen?

 

(3) E. Chargaff , (1988) dazu in einem Interview in der "Zeit": "Sie müssen bedenken, was allein die Menschheit dadurch verliert, daß im Durchschnitt jeder Mensch des Westens drei Stunden am Tag durch das Fernsehen amputiert bekommt. Was das bedeutet: im Monat, im Jahr, in der Lebenszeit. Insofern kann man ungefähr sagen: Die Menschen werden gar nicht so alt, sie vegetieren so alt, und diese Zeit muß man abziehen von ihrer Lebensdauer, um ihre wirkliche Lebensdauer zu kriegen"

 

(4) immer schneller, immer weiter, immer mehr, Fortschritte und sportliche Leistungen sind nur noch in tausendsteln Sekunden meßbar und kosten immense Summen von Geld; "Der französische Segler Bruno Peyron, der mit seiner Weltumsegelung in weniger als 80 Tagen für eine Sensation gesorgt hatte, plant im Jahr 2000 eine noch schnellere Umrundung des Globus. ... Peyron und seine Sponsoren gehen von 24 (vierundzwanzig!) Millionen Mark Baukosten aus. Der Starttermin steht schon fest: Es ist der 31.Dezember 1999, ..." (Yacht,  März 94 , 11)

 

(5) "Wir wohnen in einer Neubau-Beton-Siedlung. Früher hatten wir wenigstens einen Spielplatz, doch der wurde abgebaut. Jetzt ist nur noch ein Schlammloch da. Wir haben nichts zum Spielen oder sonstwas für die Freizeit, was kein Geld kostet. Wenn man sich im Freien vor dem Haus aufhält, wird man von den Leuten ausgeschimpft, obwohl man gar nichts gemacht hat. Die Leute haben alle eine Wut und lassen sie an uns Kindern aus. Wenn ich ein Hund wäre, würden bestimmt alle nett zu mir sein. (12jähriger beim Schreibwettbewerb der IG-Metall-Gewerkschaftszeitung zum Thema "Gewalt überall - Erlebnisse, Ängste, Auswege) (Behn u. Heitmann, 1994, S. 126)

 

(6) Laut Abschlußfragebogen antworteten einige Jugendlichen auf folgende Frage: "Was war Deine wichtigste Erfahrung am Wochenende?"
- "Zusammenhalten und Zuhören ist wichtig"
- "Teamwork"
- "Das wir alle zusammen helfen müssen sonst geht nichts"

 

(7) Diese Schwankungen, dieses flaue aber schöne Gefühl, erinnern mich stark an meine kindlichen Mutproben oder die "Zeit auf dem Fünfmeter Turm". Mehrmals stand ich dort mit dem Gedanken: "Spring ich jetzt, oder lieber doch nicht?".
Mehr oder weniger erfolgreich begleiteten mich dabei verbal meine Freunde. "Komm trau´ Dich"; "Du brauchst keine Angst zu haben"; "Es passiert dir nichts";  "Schau ich spring doch auch!"

 

(8) Nicht selten tritt durch das "Geschaukel" auf See eine Reizüberflutung ein, und das vegetative Nervensystem, auch zuständig für den Magen-Darm-Trakt meldet sich in Form der "üblen" Seekrankheit. Häufig ist die Seekrankheit von Frösteln, Kopfschmerz, Erbrechen, Lethargie und Depression bis zur Todesangst begleitet.

 

(9) An Bord müssen bestimmte seemännische Aufgaben erledigt werden, wenn alle das Ziel, z.B. eine schöne Insel zu erreichen, oder etwas zu essen haben wollen. Die Mitsegler sind in Wachmannschaften aufgeteilt und eine Verweigerung hätte zur Folge, das ein anderer Jugendlicher für den Verweigerer in seiner "wachfreien" Zeit einspringen müßte. Diesen beschriebenen "unsozialen" Akt konnte ich vereinzelt in den Äußerungen von Jugendlichen vernehmen. ("mit >>XY<< mache ich keine Wache", oder "ich habe keinen Bock mehr, ich lege mich jetzt ins Bett") In die Praxis hat es aber niemand "gewagt" umzusetzen, da dies sofort als Akt gegen die Gemeinschaft und Freundschaft gesehen wurde und nicht, wie im Heimalltag, als Autoritätskonflikt oder Machtkampf zwischen den Jugendlichen und den Betreuern bewertet wurde.

 

(10) Unter Propriozeption (Tiefensensibilität, kinästhetische Wahrnehmung) bezeichnet man die Wahrnehmung aus Muskeln, Sehnen, Periost, Gelenkstellungen und -bewegungen. Sie ist von entscheidender Bedeutung für die Empfindung und Vorstellung unseres Körpers in seiner Raumlage und seinem Bewegungsausmaß und für die Fähigkeit zu zweckgerichteter Planung von Handlungsabläufen. Das Wort Propriozeption weist auf sensorische Information hin, die durch Kontraktion oder Streckung von Muskeln oder aber Hängen, Dehnen, Ziehen und Drücken von Gelenken zwischen den Knochen verursacht ist. (vgl. Ayres, sensorische Integration)

 

(11) Auf dem Schiff lebt der Pädagoge mit den Jugendliche in einer kameradschaftlichen Crew, ist durch die räumliche Enge den gleichen sozialen Streß ausgesetzt und erlebt die gleichen Abenteuer. Was dem Betreuer in der stationären Erziehungshilfe an eigenen neurotischen Verhaltensweisen, vielleicht noch gelingt im "Acht Stunden Takt" für sich zu behalten, wird hier durch seine "Rund-um-die-Uhr"-Präsenz sofort und erfahrungsgemäß schonungslos aufgedeckt. Schafft es der Betreuer, „seinen Mann zu stehen“ und sich die Achtung und Akzeptanz der Jugendlichen zu erarbeiten, ist er für die Jugendlichen zweifellos eine Orientierungshilfe für korrigierende Verhaltensweisen.

 

(12) In der stationären Erziehungshilfe gelingt es Kinder und Jugendlichen oftmals, ihre tabuisierten und belastenden Verhaltenstendenzen, wie Enuresis und Enkopresis, durch ein ausgeklügeltes "Laken- und Unterhosenversteck- und Wegwerfmanöver" und anderen Ablenkungsmanövern, bis ins Erwachsenenalter beizubehalten. Auf einem Segelschiff, bedingt durch die räumliche Enge und der oft angestauten Wärme unter Deck, würden sich die Gerüche sofort vom Bug bis zum Heck ausbreiten und unmittelbar den Verursacher und die Mitsegler konfrontieren. Das Problem läßt sich so weder verdrängen, noch verstecken und ist für eine sachliche Erziehungshaltung zugänglich, die dem Kind am ehesten zu erkennen gibt, daß es durch Sauberwerden den Forderungen seiner Umgebung entspricht.

 

(13) Im Heimalltag werden die Jugendlichen rundum versorgt. Oft kennzeichnet gerade Jugendliche mit einem dissozialen Erscheinungsbild ein völlig falsches Realitätsbewußtsein. So kann der Jugendliche den ganzen Tag im Bett bleiben, die Einrichtung demolieren und die Betreuer so behandeln, wie er möchte. Egal wie er sich verhält, nie wird er frieren, hungern oder unter Durst leiden. Jegliche Anforderung an seine Person kann er "bedenkenlos" verweigern, verdrängen und auf andere abwälzen. Gerade diese Über- und Rundumversorgung bricht m.E. den Jugendlichen mit dissozialen Auffälligkeiten "das Genick", wenn die Versorgung plötzlich mit erreichen eines gewissen Lebensalter aufhört, sie hilflos, ohne jegliche Strategie mit dem Ernst des Lebens konfrontiert werden und nie gelernt haben ihre Triebbedürfnisse unter Kontrolle zu halten. In den erlebnispädagogischen Projekten ist  -  wie im "richtigen Leben" - das anders, "verpulvert" ein Jugendlicher seinen Tagessatz an Essensgeld, wird er den restlichen Tag hungern, läßt er seinen Schlafsack im Regen liegen, wird er frieren, ...

 

(14) Mit dem Rollenspiel möchte ich die Jugendlichen bereits in der Planungsphase mit eventuell auftretenden Problemen bekannt machen und sie anregen, sich gedanklich damit auseinander zu setzen. - "Was machen wir, wenn ...?" - Durch die vertauschten Rollen können sich die Jugendlichen in die Lage der Betreuer versetzen und vielleicht neue Akzente in den Problemlösestrategien der Gruppe entwickeln. Die Betreuer können sich so verhalten, wie sie denken, wie die Jugendlichen wohl in der Situation reagieren würden, ...

 

 

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