Abschlussprojekt der Ausbildung Zusatzqualifikation Erlebnispädagogik
im Arbeitsfeld Jugendhilfe, Schule, KJP
des KAP-Institutes
„Oh wie schön ist Panama“
Erlebnispädagogisches Projekt von Oliver Guist
28.05. – 30.05.2012
1. Einleitung
2. Erlebnispädagogisches Konzept
2.1 Pädagogischer Hintergrund / Idee
2.2 Allgemeine Zielsetzung
2.3 Art der Unternehmung
3. Zielgruppe
3.1 Gruppenzusammensetzung
3.2 Beschreibung der Teilnehmer
4. Projektverlauf
4.1 Vorbereitung
4.2 Geplanter Projektverlauf
4.3 Tatsächlicher Projektverlauf
4.4 Abschluss
5. Nachbereitung
5.1 Veränderung bei den beteiligten Kindern/ Jugendlichen
5.2 Reaktionen in der Einrichtung
6. Reflexion
6.1 Besondere Erlebnisse
6.2 Erkenntnisse / Erfahrungen
7. Öffentlichkeitsarbeit
8. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Ich möchte zu Beginn der Dokumentation ganz kurz die Einrichtung vorstellen, in der ich dieses Projekt durchgeführt habe. Seit Mitte April arbeite ich in einem Kinder- und Jugendheim in Sulzbach-Rosenberg.
Es besteht aus einem Hauptgebäude, in dem zwei Wohngruppen, die Jugendwohngruppe und eine Heilpädagogische Tagesstätte untergebracht sind. Im Keller dieses Gebäudes befinden sich die Küche, die auch Essen ausliefert und die Nähstube. In einem Anbau dieses Gebäudes befinden sich die Fachdiensträume. Darunter ist die Hausmeisterwerkstatt. In einem Nebengebäude befindet sich eine weitere Wohngruppe, die Büros der Heim- und pädagogischen Leitung, sowie die Klassenräume der Stütz- und Förderklassen.
Insgesamt arbeiten dort 31 pädagogische Fachkräfte in verschiedenen Positionen. Zum Zeitpunkt des Projektes waren 25 Kinder stationär aufgenommen, sieben Jugendliche im Jugendwohnen und noch einmal zehn Kinder waren teilstationär im ENH angegliedert.
Die Jugendwohngruppe
Die Jugendwohngruppe (JWG) wurde letztendlich im November 2011 ins Leben gerufen.
Sie ist ein Anschlussangebot für Jugendliche und junge Erwachsene, die aus der Einrichtung gerade entwachsen sind und mehr Selbständigkeit erlernen sollen. Darüber hinaus ist die Jugendwohngruppe auch ein Angebot für Jugendliche und junge Erwachsene, die nicht oder nicht mehr zu Hause wohnen können, wollen oder sollen. Für sie kommt eine Heimgruppe aufgrund ihres Alters und ihrer Selbständigkeit nicht mehr in Frage, sie benötigen aber zu ihrer Verselbständigung noch erzieherische Hilfen.
Die Jugendwohngruppe kann auch die Vorstufe für ein anschließendes Wohnen in einem der Jugendappartements oder im externen betreuten Jugendwohnen sein.
Die Jugendwohngruppe richtet sich speziell an männliche und weibliche Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren oder junge Erwachsene, die aus den Wohngruppen entwachsen sind und Grundlagen in selbständiger Lebensführung durch klare Tages- und Organisationsstruktur erwerben wollen und dabei Unterstützung benötigen.
Auch Jugendliche, die aufgrund einer schwierigen familiären Situation und/oder Erziehungsschwierigkeiten eines stabilen Rahmens außerhalb der Familie bedürfen kommen ebenfalls für die JWG in Frage.
Ebenso verhält es sich mit jungen Menschen, die aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie als stabilisiert entlassen wurden und in ihrer Entwicklung zur Selbständigkeit weiterer pädagogischer Betreuung bedürfen.
Es müssen aber von allen Bewohnern gewisse Kriterien erfüllt werden, damit sie in die JWG aufgenommen werden können. Diese sind unter anderem, dass die Jugendlichen bezüglich ihrer Motivation und ihres Durchhaltevermögens so weit stabilisiert sind, dass sie Arbeits-, Ausbildungs- und Berufs-/ Schulzeiten wahrnehmen und bewältigen können. Dies wird mit ihnen zu Beginn erörtert und in einer Art „Vertrag“ festgehalten.
Das Konzept der JWG ist ein Aufstiegsmodell, das sich wie folgt gliedert. Im Haupthaus befindet sich die JWG mit dem Büro der Betreuer und vier Zimmern für die Jugendlichen. Es gibt dort eine große Gemeinschaftsküche und ein Wohnzimmer. Die Jugendlichen erarbeiten selbst Regeln für das Zusammenleben, um Dinge des Alltags, wie zum Beispiel Badzeiten oder Fernsehregelung besser strukturieren und bewältigen zu können. Es finden in regelmäßigen Abständen Teamsitzungen statt, in denen beraten wird, ob ein Jugendlicher aufgrund seiner Selbständigkeit in der Lage ist, in das Haus 7a ziehen zu können. Das Haus 7a ist ein in der Nähe des ENH liegendes Haus, in das Jugendliche ziehen können, um dort noch mehr selbständig leben zu können. Dort ist Platz für insgesamt vier Jugendliche, die dort WG-ähnlich zusammenleben und nur temporär von den Betreuern bei der Alltagsbewältigung unterstützt werden. Sie genießen dabei aber immer noch die Unterstützung der Jugendhilfe und können sich bei schwierigen Herausforderungen jederzeit an ihre Betreuer wenden.
2. Erlebnispädagogisches Konzept
2.1 Pädagogischer Hintergrund / Idee
Als ich Mitte April 2012 in der JWG meine Arbeit aufnahm, war die JWG gerade noch voll in der Aufbauphase. Es fanden mehrere Personalwechsel statt und das Team und die Jugendlichen als Wohngruppe konnten sich noch nicht richtig finden. Im Team wurde beraten und überlegt, wie man zur Förderung des „Wir-Gefühls“ innerhalb der gesamten JWG beitragen könnte. Gerade das Haus 7a war zum einen wegen der räumlichen Trennung und zum anderen wegen der größeren Selbständigkeit der dort lebenden Jugendlichen nur schlecht an die JWG angebunden. Die Idee für eine Unternehmung war schnell gefunden, nur die Art war anfangs noch unklar.
Es standen die Pfingstferien an und alle anderen Wohngruppen hatten für diesen Zeitraum schon irgendwelche Unternehmungen oder Freizeiten geplant. Weil die JWG zum damaligen Zeitpunkt noch relativ jung war, verfügte sie auch nicht über die notwendigen finanziellen Mittel, um sich eine größere Unternehmung leisten zu können. Hier wurde im Team schnell klar, dass wir Ressourcen orientiert arbeiten müssen.
In meinen ersten Tagen im Heim nahm ich auch einmal Kontakt mit dem Hausmeister der Einrichtung auf, der das Material der Einrichtung verwaltet. Er ging mit mir über das Gelände und zeigte mir verschiedene Lagerräume und welches Material sich darin befand. Ich sah, dass die Einrichtung über einen guten Fundus an freizeit- und erlebnispädagogischem Material besitzt. Im Schweinestall - so genannt, weil das Gebäude früher wirklich einer war - lagern fünf zweisitzer Kanadier der Marke Nova Craft. Auf dem Dachboden gab es mehrere Schwimmwesten und Paddel, Wurfsäcke, Bootswägen, wasserdichte Tonnen und „Ortlieb“-‚Säcke, Statikseile, Kletterseile, Klettergurte in verschiedensten Variationen, Karabiner, Klettersteigsets und Kletterhelme.
Das Heim besitzt ein Zwölf-Personen „Jurte-Zelt“ und ausreichend Schlafsäcke, um eine oder mehrere Gruppen damit ausrüsten zu können.
Auf dem Heimgelände befindet sich ein Abenteuerspielplatz, in den ein Pizzaofenhäuschen und ein überdachter Grill integriert ist.
All das weckte in mir die Lust auf „Outdoor“ und so unternahm ich während einer meiner ersten Dienste eine kleine Höhlenexkursion mit der JWG und der Bärengruppe (Wohngruppe).Wir besuchten die Klausenhöhle bei Kelheim und gingen auf den Maifelsen, um dort zu Picknicken. Hierbei stellte ich schnell fest, dass die Kinder und Jugendlichen das Angebot gerne und begeistert wahrgenommen und sehr viel Spaß dabei hatten. Mir teilten die teilnehmenden Betreuer der beiden Gruppen mit, dass sie ihre Schützlinge in dieser Form der Freizeitgestaltung noch nie gesehen haben und wie gut die Kinder und Jugendlichen als Gruppe harmoniert haben.
Diese Erfahrung trug ich mit in eine der Teamsitzungen und es wurde schnell überlegt welche Unternehmung wir durchführen könnten. Da meine Gruppenleiterin schon eine Mehrtagestour mit dem Kanu unternommen hat und ich regelmäßig auf den heimischen Flüssen mit dem Boot unterwegs bin, war schnell klar, dass wir ein Kanu-Projekt auf die Beine stellen wollten, das es nun umzusetzen galt.
Mein Anspruch an mich war dieses Projekt so günstig wie möglich zu halten. Ich versuchte das Projekt so zu planen, dass außer dem Verpflegungsgeld keine weiteren Kosten auf uns zukamen. Wir rechneten mit einem Verpflegungssatz von 3,20 €, wie er auch für die Gruppen üblich war. Die Kosten für die Fahrzeuge, die Versicherung und für das Benzin würde die Einrichtung übernehmen. Es gelang uns ein Kunstgriff, sodass wir nur Geld für die Verpflegung ausgeben mussten und wir so andere Budgets unberührt lassen konnten, um Geld für eine Freizeitunternehmung, wie beispielsweise eine Gruppenfahrt, beiseite sparen zu können.
2.2 Allgemeine Zielsetzung
Es war oft Thema im Team, dass es unter den Bewohnern der JWG und dem Haus 7a kein „Wir-Gefühl“ gibt. Das wollten wir ändern, da es für uns als pädagogische Fachkräfte schwierig war, Gemeinschaftsprozesse einzuleiten und die Jugendlichen zum damaligen Zeitpunkt eher eine Tendenz weg von der Gruppe zeigten. Prinzipiell wäre dies ja ein richtiger und wichtiger Schritt in die Verselbständigung, doch um ressourcenorientiert arbeiten zu können, müssen sich die Jugendlichen erst einmal auf die Betreuer einlassen und auch den Kontakt in die Gruppe suchen, um das Angebot der Judenhilfe annehmen zu können.
Dem Jugendwohnen liegt eine Art Bewertungsbogen zu Grunde, in dem auf eine Skala der aktuelle Ist-Stand der Soft-Skills des jeweiligen Jugendlichen eingetragen werden kann. Man kann ihm damit verdeutlichen in welchen Bereichen er sich gut entwickelt hat und wo er noch Bedarf hat. Drei dieser Soft-Skills möchte ich für die Zielsetzung des Projektes hervorheben.
Kommunikation
Gerade die Kommunikation innerhalb der JWG war damals teilweise sehr forsch und nicht immer angemessen. Ein Kanu hilft sehr die Kommunikation und die Art und Weise, wie sie vollzogen wird, zu fördern. Wer sich im Kanu nur streitet und nicht das sagt, was er will, wird nicht vorankommen oder gar im schlimmsten Fall kentern. Es spielt dabei keine Rolle wer an welcher Position sitzt. Es müssen klare Absprachen getroffen werden, egal ob nun vom Steuermann, der nach vorne Anweisung gibt oder vom Vordermann, der vor einem Hindernis warnt. Gerade das Treibgutspiel oder ein Fangspiel wie „stinkender Fisch“ sind hervorragend dafür geeignet, sich im Kleinteam abzusprechen.
Stärkung des Wir-Gefühls
Eine Unternehmung wie diese hat die JWG vorher noch nicht durchgeführt. Damit wollten wir erreichen, dass sich die Jugendlichen eher mit der JWG identifizieren. Durch die Spinnennetzaufgabe am letzten Tag, wollte ich noch mal symbolisieren, dass man, wenn man als Gruppe zusammenarbeitet, viel erreichen kann und man sich durch die Gruppe auch ein stückweit stützen und leiten lassen kann. Wenn man sich darauf einlässt.
Deshalb haben wir gerade das Kochen immer gemeinschaftlich durchgeführt und die Art des Essens war immer so gewählt, dass möglichst viele mit am Zubereiten beteiligt waren.
Förderung der Frustrationstoleranz
Nicht immer läuft im Leben alles so glatt, wie man sich es vielleicht vorstellt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass vielen Jugendlichen der Biss fehlt, wenn es darum geht eine Sache bis zum Ende durchzuziehen. Gerade bei auftretenden Schwierigkeiten gehen sie gerne den Weg des geringsten Widerstandes und geben auf, ohne ihr Vorhaben erreicht oder abgeschlossen zu haben. Diese Entscheidung nimmt ihnen der Fluss förmlich ab. Es gibt nur einen Weg und der muss bis zum Ende gegangen, oder in dem Fall gefahren werden. Ein Aufgeben oder Abbrechen würde bedeuten, dass man am Ufer steht und kein Auto weit und breit ist, das einen nach Hause fahren kann. Folgt man dem Fluss, auch wenn es auch mal hart und anstrengend ist, dann kommt man an das gewünschte Ziel. Und jeder, der schon mal länger mit dem Kanu unterwegs war weiß, wie gut es tut, wenn die Ausrüstung verladen ist und man sich auf den Heimweg macht. Man fühlt sich erschöpft aber glücklich und dieses Gefühl wollte ich den Jugendlichen unbedingt vermitteln.
2.3 Art der Unternehmung
Da es sich bei der JWG um eine Verselbständigungsgruppe handelt, nahmen wir die Idee ein Projekt durchzuführen mit in die wöchentliche Gruppenbesprechung, an der alle Bewohner der JWG teilnehmen.
Wir stellten die einzelnen Möglichkeiten vor und es zeigte sich, dass Kanu fahren der ungeschlagene Favorit der Gruppe war.
Wir entschieden uns für die Tour bewusst für einen Fluss, der sich in der Nähe der Einrichtung befindet, sodass wir das Gelände mit seinen vielseitigen Möglichkeiten nutzen konnten. Weiterhin war es mir wichtig, dass die Jugendlichen eine Identifikation mit dem Heim herstellen können. Sie sollen natürlich irgendwann einmal allein den Alltag bestreiten können, aber in der derzeitigen Phase ihres Lebens sollen sie erkennen, wo ihr „Zuhause“ ist.
Nun stand der Plan fest. Es sollte eine Kanufreizeit werden, die vom Heim aus startet und täglich auch dort wieder endet.
Sicherlich ist das Buch von Janosch bekannt „Oh wie schön ist Panama“, in dem es darum geht, dass es „daheim“ doch am schönsten ist. Deshalb war uns ziemlich schnell klar, wie wir unser Projekt taufen wollten. Sicherlich ist ein klein wenig Ironie mit dabei, einem Jugendprojekt solch einen kindlichen Namen zu geben, aber wie so oft in der Realität kann man sich manche Sachen eben nicht aussuchen. Auch habe ich selbst schon die Erfahrung gemacht, dass es nicht immer darum geht, wie etwas benannt wird, sondern dass man sich mit dem, für das der Name steht, identifizieren kann. Und dies gelang allen Teilnehmern.
3. Zielgruppe
3.1 Gruppenzusammensetzung
Die geplante Gruppe setzte sich aus allen Bewohnern der JWG und dem Haus 7a zusammen. Dabei handelt es sich um Jugendliche, die zum Teil eine lange Heimerfahrung haben, bis hin zu Jugendlichen, die aus einer Inobhutnahme heraus aufgrund ihres Alters direkt in die JWG gekommen sind.
Insgesamt waren es drei Mädchen und drei Jungs. Gerade bei den Bewohnern des Haus 7a musste doch mehr Überzeugungsarbeit geleistet werden, als anfangs angenommen. Gerade der Fakt, dass wir zwei Nächte draußen schlafen wollten und sie nicht im Haus übernachten konnten, schreckte sie anfänglich ab. Da beide Jungs gerne „Call of Duty“ auf ihrer Playstation spielen, machte ich mir meine Erfahrungen und meine lange Dienstzeit bei der Bundeswehr zu nutze und schlug ihnen vor, dass ich mit ihnen ein Fallschirmtipi aufbauen werde und ihnen zwei/ drei Tricks aus dem Bereich des Survivaltrainings der Bundeswehr zeigen werde. Darauf ließen sich die beiden ein und ich baute in die Planung ein paar dieser Kniffe mit ein.
Nun standen die Pfingstferien an und es kam zu einer Gruppenfusion. Das heißt, dass aufgrund vieler Familienheimfahrten im Bereich der Wohngruppen immer zwei Gruppen zusammengelegt wurden, um das Personal aus den jeweiligen Gruppen etwas zu entlasten. So kam es nun, dass unsere JWG um vier Kinder und Jugendliche der Gruppe Panther erweitert wurde.
Das bedeutete eine größere Gruppe und die Altergrenze würde sich schlagartig auseinander ziehen. Zu Beginn war die Jüngste 16 und der Älteste 19, was uns als angemessen erschien. In der neuen Konstellation ergab sich nun eine Spanne von zehn bis 19 Jahren. Das brachte das Team (die an dem Projekt beteiligten Betreuer) ordentlich ins Grübeln und wir überlegten lange, ob wir das Projekt nicht doch verschieben sollten.
Wir entschieden uns aber trotzdem für die Durchführung und veränderten die Zielsetzung. Da diese Gruppe für die gesamten 14 Tage der Pfingstferien bestehen sollte, fanden wir so ein Projekt als Auftakt eher als produktiv für die Integration der vier Panther in die JWG.
3.2 Beschreibung der Teilnehmer
B.: 18 Jahre (JWG)
S.: 16 Jahre (JWG)
D.: 17 Jahre (JWG)
M.: 18 Jahre (Haus 7a)
R.: 19 Jahre (Haus 7a)
Ma.: 16 Jahre (Haus 7a)
A.: 15 Jahre (Panther)
Mo.: 11 Jahre (Panther)
P.: 11 Jahre (Panther)
J.: 17 Jahre (Panther)
4. Projektverlauf
4.1 Vorbereitung
Nachdem nun fest stand, welche Art der Unternehmung wir durchführen werden, mussten wir in die Planung übergehen. Hierzu gliedere ich die Vorbereitung in mehrere Unterpunkte auf, damit man einen leichteren Überblick über die Komplexität der Vorbereitung bekommt.
Entwicklung eines Grobkonzeptes
Ich entwarf mit meiner Kollegin und Gruppenleiterin einen „Schlachtplan“, um diesen der Heimleitung vorstellen zu können. Dieser Plan sollte einen groben Überblick über unser Vorhaben vermitteln und uns als Leitfaden für die gesamte Vorbereitungsphase dienen (er befindet sich im Anhang).
Zuerst mussten wir, um die Teilnehmerzahl festlegen zu können, prüfen, welche Materialien und Geräte wir von Seiten der Einrichtung zur Verfügung haben und welche Dinge evtl. noch von externen Stellen ausgeliehen oder gekauft werden müssen.
Wir verschafften uns einen Überblick über die Paddel, Schwimmwesten, sowie Wurfsäcke und stellten fest, dass wir die Boote mit je zwei voll ausgestatteten Paddlern besetzten können.
Nun ging es darum einen zeitlichen Ablauf für die Durchführung zu erstellen. Da wir bereits berufstätige Jugendliche haben, mussten wir so planen, dass es die Ausbildung der Teilnehmer nicht zu sehr einschränkt. Unsere Planung fiel deshalb auf das Pfingstwochenende, genauer auf den Pfingstmontag, den darauf folgenden Dienstag und Mittwoch.
Ein weiterer wichtiger Punkt war der inhaltliche Ablauf. In Vorgesprächen mit den Jugendlichen kam heraus, dass einige schon im Rahmen von erlebnispädagogischen Maßnahmen in der Einrichtung oder auf privater Ebene Kanu fahren waren. Darauf wollten wir uns allerdings nicht einlassen und deshalb planten wir für den ersten Tag ein Kanukompetenztraining. Hierbei wollten wir an einen der vielen Oberpfälzer Seen fahren. Ein See bietet die Möglichkeit ohne Strömung wichtige Grundlagen zu erarbeiten. Paddelschläge für die Steuerung oder die Möglichkeit ein Boot nach dem Kentern wieder zu bergen, sollten hier erst im flachen und später dann im tiefen Wasser geübt werden. Uns war klar, dass wir keinen Teilnehmer auf den Fluss mitnehmen, der nicht einmal zu Übungszwecken auf dem See gekentert war. Damit wollten wir den Teilnehmern ein Stückweit Sicherheit geben, da sie dann auf dem Fluss ein eventuelles Kentern nicht unvorbereitet treffen würde. Unsere Wahl fiel auf den Steinberger See. Dieser bot sich aufgrund einer guten Anfahrt und einem großen Strandbereich an, da wir die anderen Badegäste nicht mit unsern Booten stören wollten.
Die Wahl des Flusses fiel auf den Regen, da ich in der Vergangenheit oft auf ihm gefahren bin und ihn vom Kanu und Floß-Lehrgang des KAP-Institutes bereits gut kannte. Einsteigen wollten wir in Nittenau und dann bis Hirschling fahren, da wir dort die Fahrzeuge gut parken können.
Feinplanung
Wir stellten das Konzept dem Einrichtungsleiter vor und dieser gab uns sein O.K. für die Durchführung. Nun galt es zu prüfen, ob die Versicherung der Diakonie diese Unternehmung abdeckt und welche Auflagen noch auf uns zukommen werden. Wir buchten einen der drei einrichtungseigenen Busse und ein Kleinfahrzeug und sprachen mit dem Hausmeister wegen dem Jurte-Zelt. Wir ließen auch den Fußballplatz mähen, damit wir die Zelte aufstellen konnten. Wir schrieben eine Teilnahmegenehmigung, die von den Eltern unterzeichnet werden sollte. Ebenfalls wurde eine Teilnahme-Urkunde von uns entworfen. Wir planten den Pfingstsonntag, an dem ich schon im Dienst war, als Aufbau- und Organisationstag ein. Schlafsäcke sowie ausreichend Isomatten und Planen wurden von der heimeigenen Nähstube organisiert, um das Nachtlager so angenehm wie möglich gestalten zu können.
Wir gaben die Informationen an alle Jugendlichen der Gruppe weiter, damit diese sich auch wirklich an diesen Tagen Zeit nahmen und ihn nicht anderweitig verplanten.
Ich überprüfte zeitnah die Ausrüstung auf Vollzähligkeit und Einsatzfähigkeit um noch Ersatzmaterial organisieren zu können. Ich checkte mein Medi-Pack und ergänzte ihn noch mit Fenstilgel.
Nachdem fest stand, dass zwei kleinere Jungs noch mitfahren würden, besorgte ich mir noch zwei ohnmachtssichere Schwimmwesten und zwei Kinderpaddel. Ich nahm Verbindung mit der Wasserwachtstation des Steinberger Sees auf und ließ mir ihre Notrufnummer geben. Genauso holte ich mir über die Stadt Schwandorf, in deren Landkreis sich unser Teilabschnitt des Regen befand, Informationen über den Fluss ein.
Ich plante zwei Tage zuvor eine Erkundung ein, die so aussah, dass ich mit meiner Freundin zum Steinberger See fuhr. Vor Ort erkundete ich noch einmal genau die Örtlichkeiten und fuhr dann zum Regen, um mir ein Bild des Flusses zu machen. Gerade Schlüsselstellen, wie Einsteig, Platz für eine Pause, das Wehr mit der Fischtreppe und dem dazugehörigen Ausstieg und der eigentliche Ausstiegsplatz galten mein Hauptaugenmerk. Es stellte sich dabei heraus, dass wir an einer Stelle Umtragen müssen, da die Brücke nach Stefling neu gebaut wird und die Baustelle nicht durchfahren werden darf.
Wichtig war auch die ungefähre Fahrzeit plus eine halbe Stunde um die Zeit ein bisschen berechnen zu können.
Wir, das heißt, meine Kollegin Suzana und ich, entschieden uns noch eine weitere Kollegin „ins Boot“ zu holen. Da Caro (die dritte Betreuerin) aber zu dem Zeitpunkt nur als Praktikantin lief, konnte sie nicht mit über die Versicherung der Diakonie versichert werden und versicherte sich für die drei Tage selbst, bzw. über ihren Vater.
Diese Entscheidung, eine dritte Betreuerin mit ins Team zu holen, sollten wir wegen der Gruppenkonstellation nicht bereuen. Der Schlüssel von drei Betreuern zu zehn Kindern war gerade wegen der zwei Kleineren absolut nötig, da die beiden stellenweise doch sehr aufgedreht haben.
Für die Feinplanung gibt es eine Checkliste, die sich im Anhang befindet. Dort stehen die Tätigkeiten genau aufgelistet, wie zum Beispiel der Großeinkauf für das Projekt.
4.2 Geplanter Projektverlauf
Sonntag, 27.05.2012
13:00 – 13.30 Material für das Jurte-Zelt aus der Hausmeistergarage holen
13:30 - 14:30 Aufbau des Jurte- Zeltes
14.30 – 15:00 kurze Pause
15:00 – 15:30 Vorbereiten des Kanuanhängers
Transportgestell aufsetzen und befestigen
15:30 – 16.30 Beladen des Kanuanhängers + Verzurren der Kanadier
16:30 – 17:00 Material und Gerät vom Dachboden im Treppenhaus bereitlegen
17:30 – 18:00 Fahrzeuge vorbereiten und betanken
Den Rest des Abends wird dann noch die persönliche Ausrüstung vorbereitet und der Umzug zu den Zelten geplant. Danach wird der Abend locker und entspannt verbracht, mit Spielen oder vor dem TV.
Montag, 28.05. 2012
07:00 Wecken
07.00 – 08:00 Zimmeraufräumen, Morgentoilette und Vorbereiten des gemeinsamen Frühstücks
08:00 – 08:45 Gemeinsames Frühstück und erste Befindlichkeitsrunde
08:45 – 09:15 Aufteilung in Arbeitsgruppen: Gruppe Aufräumen, Sandwiches vorbereiten, Beginnen mit Beladen der Fahrzeuge, Anhänger anhängen, Material verladen
09:30 - 09:35 Kurze Vollzähligkeitsüberprüfung
09:35 - 10:30 Anfahrt zum Steinberger See
10:30 – 11:00 Ankunft am See + Entladen der Fahrzeuge + Beziehen des Platzes
11:00 – 11:30 Grundlagen Kanufahren und Paddeltechniken (Trockenübungen) + Festlegen der Bootsbesatzungen
Verhaltensregeln im Boot (siehe KAP-Skript Kanu und Floß) + Paddeltechniken (siehe KAP-Skript + Handbuch KANU)
Eine Runde Schwimmen (die Schwimmweste hilft wirklich!) + 11:30 – 12:00 Freies Fahren auf dem See + kennen lernen der Paddeltechniken in einem festgelegten Bereich
12:00 – 13:00 Mittagspause: Verpflegen + Wurfsacktraining + Freizeit
13:00 – 14:30 Kentern und Bergen: T-Technik zum Bergen des Bootes, Mehr tut WAS WANN WIE WOZU
Wieder besetzten des Kanu, Stinkender Fisch
14:30 – 15:00 Verladen der Ausrüstung und des Materials
15:00 – 16:00 Rückfahrt in die Einrichtung
16:00 – 17:30 Arbeiten in Arbeitsgruppen: Fallschirmtipi aufbauen mit den Jungs, Beziehen der Zelte, Vorbereiten des Grillplatzes und der Salate, Feuerholzholen für Lagerfeuer
17:30 – 18:30 Grillen und Abendessen
18:30 – 19:00 Schatzmeisterspiel und neuseeländisch Ringen
19.00 – 22.00 Gemütliches Beisammensein am Lagerfeuer: S´mores essen (MarshMellow gegrillt zwischen zwei Schokokeksen) + dabei Tagesabschlussreflexion (Cäsars Daumen)
Dienstag, 29.05.2012
06.30 – 07:30 Wecken mit Morgentoilette; Ordentliches Verlassen der Zelte
07.30 – 08.15 Frühstück mit Befindlichkeitsrunde
o08:15 – 08:45 Aufteilung in Arbeitsgruppen: Frühstück aufräumen, Brotzeit vorbereiten, Teig für Pizza vorbereiten, Beginnen mit Beladen der Fahrzeuge, Anhänger anhängen, Material verladen
08:45 - 08:50 Kurze Vollzähligkeitsüberprüfung
08:50 – 09:50 Anfahrt nach Nittenau
09:50 – 10:20 Entladen der Fahrzeuge; Parallel Boote ausstatten und zum Einstieg tragen + Fahrzeug mit Bootsanhänger am Ausstieg positionieren + 10:20 – 14:00 Kanufahrt auf dem Regen; Pause auf der Sandbank der Insel, Passieren der Fischtreppe, Umtragen und Besichtigen der Brückenbaustelle, Treibgutspiel, Sitzplatzwechsel
14:00 – 14:30 Verladen der Kanadier und Vollzähligkeitsüberprüfung des Materials
14:30 – 15:30 Rückfahrt zur Einführung
15:30 – 16.30 Entladen der Fahrzeuge; Dabei: Schwimmwesten zum Trocknen aufhängen + Wurfsäcke trocknen + Fahrzeuge betanken + Persönliche Gegenstände trocknen und auf den Zimmern verräumen + Holz zum Anschüren des Pizzaofens holen + Rücktransport der Kanadier
16:30 – 18:30 Anheizen des Pizzaofens, Feuer mit Tampon; Zeitgleich Vorbereiten der Zutaten für die Pizza; Im Wechsel duschen und entspannen
-18:30 – 20.00 Pizzaofenaktion; Dabei: Pizza zubereiten und essen; danach gleich aufräumen; Lagerfeuer vorbereiten
-20:00 – 22.00 Lagerfeuer; Kurzes Blitzlicht
22:00 Nachtruhe
Mittwoch, den 30:05.2012
07:30 – 08:30 Wecken mit Morgentoilette; Oli baut Spinnennetz auf
08:30 – 09:15 Gemeinsames Frühstück; Dabei: Befindlichkeitsrunde
09:15 – 09:30 Abräumen Frühstück + Kletterhelme vom Dachboden holen
09:30 – 10.30 Spinnennetz
Davor kurzes Warm up mit Wäscheklammerspiel
10:30 – 10:45 Reflexion Spinnennetz
10:45 – 12:30 Abbau der Zelte
12:30 – 13:00 Vorbereiten Mittagessen
13:00 – 13:30 Mittagessen
13:30 – 14:00 Abschlussbesprechung des Projektes; Dabei: Vergabe der Teilnehmer-Urkunden
Schlafsack – Paddel – Mülltüte
(wie hab ich geschlafen, was erwarte ich mir vom Tag, was war schlecht)
ENDE
4.3 Tatsächlicher Projektverlauf
Wie schon einmal erwähnt, bewahrheitet sich der Spruch, in Wirklichkeit ist die Realität ganz anders, mehr als einmal bei diesem Projekt.
Natürlich war mir klar, dass die Zeiten des Ablaufplanes nur Richtwerte waren, die mir und dem Team dienen sollten, um eine gewisse Struktur im Ablauf einhalten zu können.
Sonntag, 27.05.2012
Ich übernahm am Sonntagmorgen meinen Dienst um 10.00 Uhr und verschaffte mir erstmal einen Überblick, in dem ich das Tagebuch der Gruppe las. Es stellte sich heraus, dass ein Junge erst heute Abend zu seiner Mutter fahren konnte, was sich für mich als Glücksgriff zeigen sollte.
Wir fingen pünktlich um 13:00 Uhr damit an, dass wir das Material für das Jurtezelt auf Schubkarren verluden und fuhren es auf den Fußballplatz. Dort legten wir die einzelnen Bestandteile aus und stellten fest, dass eigentlich keiner so richtig einen Plan vom Aufbau eines solchen Zeltes hatte. Ich hatte zwar eine Aufbauanleitung aus dem Internet ausgedruckt, aber die war leider nichts wert. Hier kam nun D. ins Spiel. Das war der Junge, der erst gegen Abend abgeholt werden sollte. Er war bis zu seinem 13. Lebensjahr bei den Pfadfindern und hatte solche Zelte schon mehrmals aufgebaut. Mit ihm an unserer Seite konnte es sofort losgehen. Nach dem Aufbau des Zeltes fingen wir ohne Pause an gleich den Kanuhänger zu beladen. Dies ging ebenfalls richtig schnell und ich war erstaunt über die gute Mitarbeit der anwesenden Teilnehmer. Beim Aufsetzen des Kanutransportgestells musste ich feststellen, dass eine Schraube eingerostet war. Dies hatte ich in der Vorbereitungsphase schlicht vergessen zu überprüfen. Da wir aber den Schlüssel für die Räumlichkeiten des Hausmeisters hatten, war auch diese Herausforderung gleich gelöst. Danach luden wir die Kanadier auf und legten auch gleich eine Beladeordnung für die folgenden Tage fest, damit jeder weiß, wo er wie hinzuzugreifen hat. Zwischendurch ereilte mich eine SMS von Suzana, wie weit wir denn schon wären, da sie die Befürchtung hatte, wir haben das Zelt nicht rechtzeitig aufgebaut. Es war nämlich Regen für diese Nacht angesagt. Ich schickte ihr zwei MMS damit sie den restl. Sonntag noch beruhigt daheim genießen konnte.
Wir gingen dann alle auf den Dachboden und trugen die benötigte Ausrüstung ins Treppenhaus. Danach gab ich den Kindern und Jugendlichen Zeit bis zum Abendessen, um ihre Sachen für die kommenden Tage packen zu können. Dafür gab es einen Verpackungsplan, den wir für jeden kopiert hatten.
Wir ließen den Abend gemütlich mit allen vor dem TV ausklingen. Die Stimmung war zur Schlafenszeit sehr gut und alle waren nervös und freudig aufgeregt, was der morgige Tag so bringen würde.
Montag, 28.05. 2012
Um 07:00 Uhr begann ich alle Teilnehmer zu wecken und um 07:30 Uhr trafen auch meine beiden Kolleginnen ein. Wir frühstückten mit allen Teilnehmern und teilten uns danach in Arbeitsgruppen auf. Drei Mädchen belegten die Sandwiches und ich ging mit zwei Jungs nach unten um dort den Hänger an den Bus zu hängen. Danach zählten wir noch mal alle Schwimmwesten und Paddel durch und verpackten diese ebenfalls im Bus. Wir richteten uns im Büro eine Wasserdichte Box her, in der wir die Medikamente unserer zwei kleinen Teilnehmer mit transportieren konnten. Hierbei unterlief uns ein Fehler, den wir am Nachmittag noch zu spüren bekommen sollten. Wir haben keinen Verantwortlichen eingeteilt, der von den Betreuern für die Vergabe der Medikamente verantwortlich war.
Wir überprüften nochmals die Vollzähligkeit der Ausrüstung und fuhren pünktlich um 09:30 Uhr zum See. Dort angekommen mussten wir etwa 200 Meter entfernt parken. Dies bedeutete, dass die Teilnehmer mit uns zusammen die gesamte Ausrüstung und die Boote zu unserem Platz tragen mussten. Dies stieß auf wenig Freude, doch mit vereinten Kräften und vier Leuten pro Boot gelang uns auch dies. Danach legten wir Bootsbesatzungen fest. Hier fanden sich schnell die, die sonst auch schon innerhalb der Gruppe immer zusammen waren. Hier tat sich J. besonders hervor, die schon anklingen ließ, dass sie mit ihrem Großvater schon oft mit dem Kanu unterwegs gewesen sei und sich gerne mit jemanden in ein Boot setzt, der noch keine Erfahrung hat. Ich selbst nahm mir die beiden kleinen Jungs mit ins Boot. Mir war nach der ersten Stunde am Morgen klar, dass die beiden eines besonderen Augenmerks bedürfen werden. Auch beim Abladen der Kanus trieben sie sich herum und waren nur schwer „einzufangen“. Damit sich das nicht über den restlichen Tag hinziehen konnte, bekamen die zwei von mir einen Spezialauftrag. Mo. wurde zum Rettungssanitäter ernannt und P. wurde der Rettungsschwimmer der Gruppe. Da beide nun wichtige Posten bekleideten, war klar, dass sie bei mir im Boot sitzen werden, was sie auch äußerst pflichtbewusst taten. Mir war zudem bewusst, dass, wenn ich mein Medi-Pack weiter gebe, es von zwei neugierigen Zehnjährigen unter die Lupe genommen wird und es passieren kann, das der Inhalt verschütt gehen könnte. Deshalb habe ich kurzer Hand den Inhalt meines Medi-Packs mit dem des Verbandskastens des Busses getauscht, damit auch wirklich alles da ist, wenn ich es brauchen würde.
Wir begannen nun, die Grundlagen für das Kanufahren zu erörterten. Danach gingen wir zu den Paddeltechniken über. Die Stimmung war super und nun ging es aufs Wasser. Zuvor legten wir fest, dass wir das Wort „Kentern“ für das Projekt aus unserem Vokabular streichen werden, da viele ständig vom Kentern und nass werden sprachen und sich damit gegenseitig verunsicherten. Wir einigten uns als Gruppe darauf, es künftig als „unfreiwillig nass werden“ zu titulieren. Hier probierten alle ein bisschen herum. Ich hielt mit meinem Boot und meinen zwei Rettungsassistenten die Kanus in Ufernähe, da es an dieser Stelle sehr flach war. Im Falle eines Kenterns konnten dort alle noch stehen. Wir machten um 12.00 Uhr Picknick und jeder bekam einmal die Möglichkeit mit dem Wurfsack zu üben. Ich war froh, dass wir drei dabei hatten, denn P. wollte seinen nicht abgeben, weil er sonst seinen Auftrag nicht mehr wahrnehmen könnte. Danach ging es wieder aufs Wasser und es war wegen der großen Hitze an dem Tag kein Problem die ersten Freiwilligen für die Kenterübung zu finden. Wir übten die Bergetechnik bei ersten Mal noch im flachen Wasser und verließen dann die Ufernähe, um im tiefen Wasser jeden einmal kentern zu lassen. Zum Abschluss spielten wir noch das Spiel „stinkender Fisch“, eine Art Fangspiel mit einem Schwamm als Fischatrappe. Wer mit dem nassen Schwamm getroffen wurde, musste ihn aufnehmen und war der Fänger.
Danach verluden wir die ganzen Sachen wieder und fuhren ins Heim zurück und kaum dort angekommen, drehte P. völlig auf. Wir hatten vergessen ihm seine Medikamente zu geben. Er fing an auszuflippen und die anderen Teilnehmer mit Hackschnitzeln zu bewerfen. Er bekam eine Auszeit und musste mit Suzana kurz auf die Gruppe gehen, um sich abzukühlen. Ich stellte den beiden Jungs jeweils ein Knicklicht in Aussicht, wenn sie sich weiter so gut zusammenreißen würden, was sie nach dieser Aktion dann auch wieder taten. Der Rest des Abends verlief dann wieder wie geplant. Wir überbrückten die Zeit bis der Grill die richtige Temperatur hatte mit dem Schatzmeisterspiel und ich ließ die Jungs ein wenig ihre Kräfte bei neuseeländisch Ringen unter Beweiß stellen. Ich habe dieses Ringen von einem Antiaggressionstrainer übernommen. Hierbei kommt es nicht auf die Kraft des Einzelnen an, sondern eher um Geschicklichkeit und Schnelligkeit und ein bisschen Wagemut (dies werde ich bei der Präsentation genauer beschreiben). Wir schnitzten uns Holzstecken und grillten Marshmellows und machten S´mores mit ihnen (eine Art Marshmellowhamburger mit Schokokeksen). Dieser süße Snack am Abend kam gut an und ich konnte feststellen, dass alle doch sichtlich müde vom Tag waren, da die Gespräche gegen 21.30 Uhr mehr und mehr abnahmen und alle nur noch das Lagerfeuer genossen. Um 22.00 Uhr gingen dann alle in die Zelte.
Wir besprachen uns noch kurz im Team und entschieden uns, dass Caro verantwortlich war, dass die Jungs ihre Tabletten kriegen. Suzana und ich würden uns Erinnerungen in unsere Handys stellen um sie ggf. dann daran erinnern zu können.
Dienstag, 29.05.2012
Nach dem Wecken kamen alle etwas zerknautscht aber relativ schnell aus den Schlafsäcken und kamen auch zügig zum Frühstück.
Da A. absolut nicht im Zelt schlafen wollte, schlief sie auf der Couch im Wohnzimmer und Suzana schlief im Büro der Betreuer. Wir führten ein kurzes Blitzlicht durch. Es stellte sich heraus, dass einige die Nacht über gefroren hatten und überlegten als Gruppe, was wir die kommende Nacht wohl ändern müssten, damit es nicht noch mal dazu kommt. Wir holten uns aus der Nähstube noch weitere Schlafsäcke und verteilten sie an diejenigen, denen es zu kalt war. Danach musste wieder die Brotzeit vorbereitet werden und zwei Mädchen machten den Pizzateig, damit dieser bis abends aufgehen konnte. Ich checkte die Pegelstände und den Wetterbericht und sah, dass mit leichten Schauern zu rechnen sei.
Wir schafften es erneut, dass wir pünktlich vom Hof fuhren und erreichten Nittenau bei strahlendem Sonnenschein. Als wir mit dem Abladen begannen, zog es sich aber immer mehr zusammen und es gab den ersten Schauer. Der machte aber allen nicht besonders viel aus, die Stimmung blieb weiter oben. Nach den organisatorischen Dingen, wie Autos positionieren und Kanus zum Einstieg tragen, ging es auch schon los. Da sich alle Teilnehmer gestern bewährt hatten, verzichtete ich auf den Bau von Katamaranen und ließ jedes Boot alleine fahren. Wir legten ein Spitzenboot fest, dessen Bestatzung aus P., Mo. und mir bestand. A. und B. machten das letzte Boot. Somit war allen klar, dass sich zwischen den beiden Booten alle andern zu befinden hatten. Zu Beginn machten die Gruppen viel Blödsinn und fuhren kreuz und quer auf dem Fluss umher. Sie jagten sich gegenseitig, machten Wettrennen und versuchten sich nass zu spritzen.
Wir hielten auf einer kleinen Insel um dort zum ersten Mal zu Picknicken. Danach ging es weiter bis zum Wehr bei Stefling. Dort landeten wir an und besichtigten die Fischtreppe. Klar war, wenn diese Treppen durchfahren werden sollte, dass sich immer ein Betreuer mit im Boot befinden sollte. Wir machten eine Gefahrenanalyse, stellten Sicherungsposten mit Wurfsäcken auf und ich erklärte noch mal den Ablauf beim Durchfahren einer solchen Passage. Ich fuhr dann mit J., die sich freiwillig für die Erstdurchfahrung gemeldet hatte, einmal durch diese Fischtreppe. Danach folgten Caro und Suzana. Im dritten Boot fuhr wieder ich, diesmal mit S. und P. in der Mitte. Ich gab P. die Anweisung sich gut festzuhalten, was er auch tat. Wir fuhren in die Fischtreppe und unser Boot fuhr links mit so viel Schwung auf das Ufer, dass der komplette Bug an Land war und das Heck quer mit mir im Wasser lag. Ich ließ S. und P. aussteigen, was zur Folge hatte, dass das Kanu mit dem Heck flussabwärts in die Strömung hing und nach unten gezogen wurde. P., der mit S. an Land stand, erkannte die Situation und wollte mich retten, indem er versuchte das Boot festzuhalten. Er wurde vom Boot mit weit aufgerissenen Augen ins Wasser gezogen und wurde durch Suzana an Land geholt. Nachdem ich wieder Kontrolle über das Kanu hatte, legte ich in der kleinen Ausbuchtung an und wir besprachen diese Aktion. Alle folgenden Boote nahmen sich ein Beispiel daran und navigierten sicher durch die Fischtreppe. Wegen der vielen Schauer zwischendurch verzichtete ich auf das Treibgutspiel und führte nur einen Sitzplatzwechsel durch. Beim Umtragen der Baustelle rutschte Suzana das Kanu aus der Hand und Mo. konnte nun endlich als Rettungssanitäter zum Einsatz kommen. Er gab mir eine Mullbinde und wir verbanden das Handgelenk von Suzana. Die Kräfte aller ließen ab Mariental aber sichtlich nach und das letzte Stück war sehr kräftezehrend für alle Beteiligten. Hier rächte sich das Quatsch machen vom Anfang und das letzte Stück zog und zog sich. Der Zeitplan wurde um eine Stunde überzogen. Wir erreichten Hirschling und luden ohne Umschweife die Kanus auf. P. bekam seine Medikamente pünktlich und wir fuhren zurück in die Einrichtung. Dort angekommen teilten wir uns gleich in Arbeitsgruppen auf, da alle einen Bärenhunger hatten. Die Jungs halfen mir beim Anfeuern des Pizzaofens und die Mädels richteten alles für die Pizzas her. Ich zeigte den Jungs, wie man ein Feuer mit einem Tampon anzündet und ließ Mo. und P. mit der Axt Feuerholz hacken. Danach aßen wir und platzierten uns alle wieder um das Lagerfeuer. Mit dem restlichen Teig von der Pizza machten wir uns Stockbrot und führten dabei eine kurze Reflexionsrunde durch. Es blieben alle, und das wunderte uns, bis 23:00 Uhr am Feuer sitzen und erzählten, lachten und scherzten miteinander. Nur P. und Mo., die zwei kleinen, waren stehend K.O. und wir brachten sie um 21:30 Uhr ins Tipi zum Schlafen.
Mittwoch, 30.05.2012
Der Mittwoch startete leicht regnerisch in den Tag. Trotz Regen baute ich das Spinnennetz auf und schloss mich dann dem Frühstück an, dass wir ausgiebig genossen und warteten bis der Regen sich verzog. Danach verzichtete ich aber wegen dem nassen Gras auf das Warmup-Spiel, da ich befürchtete, dass sich jemand verletzen könnte. Wir durchquerten das Spinnennetz und führten danach eine Reflexion der Aufgabe durch. Hierbei ist die gute Kommunikation zwischen den einzelnen Teilnehmern anzumerken. Danach brachten wir die Kanus in den Schweinestall zurück und brachten den Anhänger auf seinen Platz. Wir bauten alle Zelte bis auf das Jurtezelt ab. Das ließen wir in Absprache mit dem Hausmeister stehen, damit die anderen Gruppen dies vielleicht auch noch mal als Schlaflager nutzen könnten.
4.4 Abschluss
Wir entschieden uns aufgrund der gewonnenen Zeit durch den Nichtabbau des Jurtezeltes gegen den Ablaufplan und führten gleich die Abschlussbesprechung durch. Dabei nutzten wir einen Schlafsack, ein Paddel und eine Mülltüte. Der Schlafsack stand für alles um das Kanufahren, also Essen, Schlafen etc. Das Paddel stand für die Kanufahrt an sich und die Mülltüte für all das, was nicht so gut war oder wir in Zukunft ändern sollten. Danach gab es noch ein Abschlussbild und es wurden die Teilnahmeurkunden überreicht.
5. Nachbereitung
5.1 Veränderung bei den beteiligten Kindern/Jugendlichen
Es zeigte sich nach dem Projekt zum einen, dass die Kinder und Jugendlichen aus der Panthergruppe deutlich leichter für den Rest der Ferien in die Einrichtung integriert werden konnten.
J., die im Vorfeld als ältere immer wieder die kleineren schikaniert hatte, konnte sich danach besser auf sie einlassen und ließ sich von dem teilweise provokanten Verhalten der zwei kleineren Jungs nicht so leicht aus der Ruhe bringen. Auch Mo. und P. hörten nun eher auf die Großen und es gab auch keinen nennenswerten Vorfall mehr von P. im Zeitraum der Ferien.
Für B., die wegen ihrer geistigen Behinderung immer am Rande der Gruppe lief, veränderte sich ihre Stellung innerhalb der Gruppe. Sie wurde nun mehr von den anderen Mädchen miteinbezogen und akzeptiert.
A. gelang dies nicht, eher im Gegenteil. Durch ihre ständigen Extravaganzen machte sie sich selbst immer zum Außenseiter und trotz aller Bemühungen von Seiten der Betreuer behielt sie diesen Status.
D., der sich sonst im Alltag gerne immer als Diva gesehen hat, hat zwei Tage ohne zu Murren und zu Nörgeln im Zelt übernachtet. Auch seine rege Anteilnahme hat uns, seine Betreuer, mehr als positiv überrascht.
Ma., die als einziges Mädchen im Haus 7a lebt, bekam durch das Projekt nun Anschluss an die JWG und freundete sich dort mit den Mädchen der Gruppe an.
Nun mit etwas Abstand zu dem Projekt betrachtet, kann ich feststellen, dass sich die gesamte Gruppe positiv verändert hat. Sie sind mehr zusammengewachsen. Klar gibt es hin und wieder Streitereien. Aber unserem Ziel eine Gruppe zu sein, trotz räumlicher Trennung, sind wir durch dieses Projekt einen großen Schritt näher gekommen. Gerade M. und R., die zwei Jungs aus dem Haus 7a, kommen nun öfter von sich aus in die JWG. Auch einfach nur einmal so, ohne etwas zu wollen. Das ist genau der Effekt, den wir uns durch diese Aktion erhofft haben.
6. Reflexion
6.1 Besondere Erlebnisse
Das Verlassen der Komfortzone in einem Setting, das sich doch sehr vom Heimalltag unterscheidet, erlaubt einem einen völlig neuen Blickwinkel auf die Kinder und Jugendlichen. Gerade bei diesem Projekt wurde mir das wieder deutlich.
Die Bewohner des Hauses 7a, die bisher doch immer relativ autark von der Gruppe gelebt hatten, haben gezeigt, dass sie ein Gemeinschaftsangebot durchaus annehmen können und dies auch zu schätzen wissen. M., dessen Lieblingsbeschäftigung das Spielen mit der Konsole ist, blieb am Dienstagabend bis 23.00 Uhr am Lagerfeuer sitzen und beteiligte sich rege an den Gesprächen. Auch R., den ich bisher wegen seiner langen Arbeitszeiten nur immer flüchtig gesehen hatte, ließ sich auf dieses Angebot ein und genoss sichtlich das miteinander, wie er es sicher noch aus seiner Zeit in der Wohngruppe von früher kannte. Gerade am ersten Tag auf dem See wollte er eigentlich nicht mit ins Boot und hat die erste Stunde nur am Strand verbracht. Doch als es darum ging ein Wettrennen vom Strand aus um eine Boje und zurück zu machen, war er sofort dabei. Von da an beteiligte er sich sehr positiv an der Aktion und übernahm auch stellenweise die Verantwortung für die Kleineren, indem er sie mit beim Aufladen der Kanus einspannte. Gerade die Kleinen im Heim orientieren sich stark an den Älteren und somit war es ein doppelter Effekt, der sich dadurch einstellte, denn die Kleinen waren sichtlich stolz darauf, dass R. sie „brauchen“ würde.
Die zwei Großen hielten sich den ganzen Dienstagabend, solange wir Pizza backten am Pizzaofen auf. Ich hätte eigentlich damit gerechnet, dass sie eher das Weite suchen würden und nicht die Nähe. Dies bestätigte mich in meinem Ziel das Wir-Gefühl der Gruppe aufzubauen, da alle Gruppenmitglieder sich um den Pizzaofen scharrten.
Da wir immer mit dem Grundsatz gearbeitet haben, „viele Hände schnelles Ende“, blieb A. nichts anderes übrig als sich bei allen unangenehmen Tätigkeiten mit zu beteiligen. Sie wurde einfach durch den Schwung der Gruppe mitgerissen. Die anderen ließen sie nicht ausweichen und so musste sie sich mehr oder weniger freiwillig einbeziehen. Nur die Schlafsituation erregte immer Unmut und es kamen Missmut und Unlust in Bezug auf draußen schlafen auf. „Warum darf sie oben schlafen und wir nicht?“ „ wir wollen auch drinnen schlafen“ war zu hören und es drohte die Stimmung zu kippen. Aber die Gruppe regulierte sich sehr gut selbst. Ich gab an in jedem Fall draußen zu schlafen und die beiden kleinen Jungs waren sofort mit dabei. Hier kam nun D. ins Spiel, der sonst im Gruppenalltag sich immer sehr divenhaft benimmt und für sich immer eine Ausnahmeregelung erzielen will. Er sagte, dass die anderen sich nicht so anstellen sollen und dass es bestimmt ne „coole Sache“ werden wird, wenn noch mal alle draußen schlafen werden. Somit wurde innerhalb der Gruppe bestimmt, dass alle draußen schlafen werden. Dies beeinflusste zwar A.s Entscheidung nicht, doch sie musste erkennen, dass sie nicht diejenige war, die den Ton angibt.
Dieses Mitreißen fand auch bei B. statt. Sie nahm sonst eher innerhalb der Gruppe eine exklusive Position ein. Hier blieb ihr wegen der Gruppendynamik nichts anderes übrig als sich mit einzubringen. Wenn die anderen Teilnehmer feststellten, dass sie zu sehr abseits stand, wurde sie durch die anderen Mädchen immer wieder mit herangeholt. Gerade bei den Pausen, wenn sich B. weiter weg hinsetzte, kamen die anderen zu ihr und setzten sich zu ihr, somit kam nicht B. zur Gruppe, sondern die Gruppe zu B..
Besonders viel mir J. auf, die wegen ihres Alters als mögliche Nachrückerin in die JWG anstand. Im Alltag war sie teilweise sehr forsch und herrisch im Umgang mit den Kleineren. Durch ihre Erfahrung im Bereich des Kanufahrens und das positive Feedback, das sie dafür von allen bekam, war sie für mich und das Projekt eine wichtige Konstante, die ich mir auch so zu nutze machte. Ich übertrug ihr, immer angemessen, um sie nicht zu überfordern, durchaus mehr Verantwortung. Diese nahm sie gerne bereitwillig an und setzte sie produktiv um. Sie ließ es nicht heraushängen, sondern versuchte immer angemessen und besonnen zu reagieren. Eine Situation, die ich für besonders wichtig erachte, fand am zweiten Tag statt, als wir den Regen befuhren.
J. ist von den Kleinen innerhalb der Gruppe (ihrer Wohngruppe) ziemlich genervt. Dies äußert sich, wie bereits erwähnt, in der Art und Weise, wie sie mit ihnen spricht: die unangemessene Lautstärke und den Befehlston, den sie bei ihnen an den Tag legt. Nun ist es so, dass nach der Ortschaft Hirschling deutlich mehr Felsen im Wasser liegen und ich den Teilnehmern den Hinweis gab gut um diese herumzumanövrieren, damit sie nicht auf einen der Felsen auflaufen oder gar kentern. Durch das Umsitzen der Teilnehmer in den Booten war nun Mo., der sonst immer bei mir im Boot saß, in das Boot von Suzana gewechselt. Als die ersten Engstellen vor uns lagen, merkten wir, wie unruhig Mo. wurde. Er bekam Angst, dass er „unfreiwillig nass werden könnte“. Kurzer Hand und ohne Einwirkung von Seiten der Betreuer, fuhr J. mit ihrem Boot neben Mo. und redete ruhig und gelassen mit ihm und bot ihm an, bei ihr mit ins Boot steigen zu können. Gesagt, getan und Mo. beruhigte sich wieder. J., war als „Scout“ für die Spitze der Gruppe eingeteilt. Ich bot ihr an diese Position wegen Mo. zu wechseln, doch sie redete kurz mit ihm und teilte ihn als Späher für große Steine ein. So bot sich dann das Bild, dass ein Mo., der noch bis gerade eben bitterlich geweint hat, an der Spitze des Kanus saß und nach vorne schaute und J. und Ma. durch die Felsen lotste.
6.2 Erkenntnisse / Erfahrungen
Erfahrungen und Erkenntnisse gibt es zu Genüge bei so einem Projekt zu sammeln. Und egal wie viel man schon in dieser Richtung gemacht hat, es kommen immer neue Erfahrungen dazu. Es ist sicher wichtig sich einen zeitlichen Ablauf zu erstellen, damit man einen Fahrplan hat. Nur sollte man nicht verkrampft daran festhalten. Ich habe gemerkt, dass sich die Teilnehmer am ersten Tag schon ziemlich am oberen Rand der optimalen Passung bewegt haben und, dass sie drohten in die Stresszone zu kommen. Deshalb ging ich es am zweiten Tag sichtlich ruhiger an, was natürlich eine Verschiebung des Zeitplans zur Folge hatte. Da wir außer Zeit nichts zu verlieren hatten und sich alles nur nach hinten verschieben würde, nahm ich dies gerne in Kauf. Und es wirkte sich auch wie erhofft positiv auf die Teilnehmer aus. Es blieb uns als Betreuer mehr Zeit sich auf Dinge wie Medikamentenvergabe zu kümmern. Auch war somit gewährleistet, dass man sich in solchen Momenten, in denen man nun mehr Zeit hat auch mal raus zunehmen und durchatmen zu können. Hätten wir das am ersten Tag auch schon so berücksichtigt, wäre die Situation mit P. sicherlich nicht so eskaliert.
Den Begriff der Peer Education möchte ich hier nutzen, auch wenn es sich bei unserem Ansatz nicht direkt um solch eine Erziehungsform im klassischen Sinn handelt. Von den Teilnehmern war zwar keiner als Peer geschult worden, dennoch trifft hier das Lernen von anderen aus derselben Stellung doch zu. Auch spielt hier Banduras Lernen am Modell mit rein. Ich will eigentlich nur darauf hinaus, dass man durchaus Personen aus dem Teilnehmerkreis als Multiplikator nutzen kann. Heimkindern fehlen oft die Vorbilder aus der Familie und so werden die Älteren als Vorbilder der „Großfamilie Heim“ gesehen. So geschehen bei unseren beiden Kleinen, die sich sehr an den großen Jungs orientiert haben. Wenn man das im Auge behält, seine „peers“ kennt und weiß, wie sie sich verhalten, kann man sich als Leiter einer solchen Unternehmung sehr die Arbeit erleichtern. Da teilweise Abläufe, auch ohne Einfluss der Leitung, stattfinden, kann man sich damit etwas den Rücken freihalten und Entspannungsmomente schaffen, um bei unvorhergesehen Situationen wieder voll einsatzbereit und leitungsfähig sein zu können. Ich versuchte mir immer wieder bewusst zu machen, dass ich nicht nur agieren muss, um zum Erfolg kommen zu können. Ein reagieren oder kontrollieren war manchmal mehr als ausreichend. Hierbei machte ich mir Gruppendynamiken zu nutze, die nur entstehen konnten, weil sich die Teilnehmer über die doch relativ kurze Zeit schnell besser kennen lernen konnten.
7. Öffentlichkeitsarbeit
Ich fertigte einen kurzen Bericht mit ein paar Bildern zu dem Projekt an und gab diesen an die Heimleitung weiter, damit man auf der heimeigenen Homepage diesen dann veröffentlichen kann.
Ich verteilte nach dem Projekt an die beiden Gruppenleitungen der beteiligten Wohngruppen eine CD mit den Bildern für das jeweilige Gruppenarchiv. Gerade für uns als JWG kamen diese Bilder wieder zum tragen, da wir im Juli einen Tag der offenen Türe für alle Interessierte Amts- und Schulvertreter durchführten. So konnten wir viele Infotafeln, die wir über unsere Gruppe angefertigt haben, mit vielen schönen Bildern untermalen. Dies nahmen auch die zahlreichen Gäste dieser Veranstaltung positiv auf.
8. Literaturverzeichnis